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"Es bedarf einer grundsätzlichen Neuadjustierung des Investmentprozesses"

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In Zeiten der normalen Kapitalmarktphasen schlummert der Risikofaktor Aktienmarkt und die guten Ergebnisse der Investments werden der eigenen Selektion von Managern beziehungsweise dem Investmentprozess zugeschrieben, obwohl es eigentlich teilweise eine Vergütung für das Aktienbeta ist. Erst in Extremsituationen zeigen dann diese oberflächlich betrachtet unkorrelierten Anlageklassen ihr wahres Gesicht und agieren hochkorreliert mit Aktienbeta: die Diversifikation funktioniert gerade dann nicht, wenn sie am dringendsten benötigt wird.

In einer Analyse von Pimco ist genau dieser Umstand untersucht und bestätigt worden. Die Korrelationen zwischen Risikofaktoren waren deutlich niedriger als die zwischen Anlageklassen. Dementsprechend sollten durch eine Diversifikation der Risikofaktoren deutlich effizientere Portfolioergebnisse erreicht werden als mit traditionellen Portfolios.

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Am wichtigsten jedoch ist die Erkenntnis aus dieser Studie, dass die durchschnittliche Korrelation der Risikofaktoren in Marktturbulenzen nicht steigt und somit deutlich robuster ist als Korrelationen beobachteter Anlageklassen in Stress-Phasen. Die durchschnittliche Risikofaktorenkorrelation war während den Regimes stabil bei rund 2 Prozent (0,02), während die Anlageklassenkorrelation von 30 Prozent (0,3) auf 51 Prozent (0,51) angestiegen ist.

Der Nachweis der stabilen Isolierbarkeit begann mit Stephen Ross, dem Entwickler der Arbitrage-Pricing-Theorie (APT), die die Abhängigkeit der Aktienrenditen von mehreren Risikofaktoren zulässt. Allerdings spezifiziert die APT die zu berücksichtigenden Risikofaktoren nicht näher, sondern überlässt die Auswahl dem Anwender.

Eugene Fama und Kenneth French stellten im Jahr 1993 ein Drei-Faktoren Modell vor, in dem die erwarteten Aktienrenditen neben dem – schon im CAPM vorhandenen – Marktfaktor von dem Size-Faktor und Value Faktor abhängen.

Die empirische Motivation für diese Faktoren lieferten Studien aus den 80er Jahren, in denen Forscher von einem Size Effekt und Value-Effekt am US-amerikanischen Aktienmarkt berichten: Small Caps (kleinere Aktiengesellschaften) weisen langfristig eine systematisch höhere Rendite auf als Large Caps (Banz, 1981) und Unternehmen mit einem hohen Buchwert / Marktwert-Verhältnis, also Value-Aktien, entwickeln sich besser als Aktien mit niedrigem Buchwert-Marktwert-Verhältnis (Growth-Aktien) (DeBondt and Thaler, 1985; Fama and French, 1992).

Diese beiden Effekte erwiesen sich auch in Folgeuntersuchungen als erstaunlich robust. Nach Fama und French stellen die mit den Faktoren verbundenen positiven Renditeprämien eine Kompensation für ein höheres Risiko dar, das mit der Investition in Small Caps und Value-Aktien verbunden ist: Small Caps und Value-Aktien seien in besonderem Maße einem systematischen Insolvenzrisiko ausgesetzt.

Anleger würden daher für das Halten derartiger Aktien einen Risikoaufschlag in Form einer höheren Rendite fordern. Diese Erkenntnisse konnten somit eindeutig die Markteffizienz-Hypothese widerlegen und sind als belastbare und auch im „Real-World“ Einsatz zu beobachtende Marktanomalien bestätigt worden.

Mehrwert durch Neuinterpretation

Durch eine Neuinterpretation der Diversifikation und Portfoliokonstruktion und darauf abstimmte Umsetzung in der Portfoliokonstruktion kann ein entscheidender Mehrwert bei volatilen und weiterhin nicht zu prognostizierenden Anlageklassenbewegungen erreicht werden.

Anstatt der traditionellen Anlageklassen- beziehungsweise regionalen Diversifikation ist die in dieser Studie vorgestellte Risikofaktorendiversifikation die konsequente Weiterentwicklung und Verbindung des theoretischen Konzepts der wissenschaftlich-empirisch festgestellten Risikofaktoren beziehungsweise Risikoprämien mit den ultimativen ökonomischen Treibern von Marktpreisen.

Durch bewusste Nutzung der klar separierbaren Risikoprämien und Risikofaktoren werden diese durch intelligente Zusammensetzung zu einem effektiven Steuerungsinstrument für die Portfolio-Strukturierung der nächsten Generation.

Von der Nutzung einzelner Risikofaktoren zur Multi-Risikofaktoren Steuerung

Bei konsequenter Weiterentwicklung dieses Gedankens ergeben sich ganz neue Steuerungsmöglichkeiten für die Portfolio-Strukturierung, die mit einer Vielzahl von separierbaren Risikofaktoren und – prämien in ein optimiertes Portfolio umgesetzt wird. Dabei zeigt sich, dass neben den zuvor erwähnten Value, Small Cap, Dividend und Momentum Biases eine Vielzahl von weiteren Risikofaktoren zu beobachten sind, die im Rahmen der Portfoliokonstruktion bewusst eingesetzt werden können.

Die folgende Darstellung gibt neben der vorhin gezeigten Kategorisierung der Deutschen Bank, ein weiteres Beispiel für eine Klassifizierungsmöglichkeit, welche Risikofaktoren dabei genutzt werden können. Anhand der inhomogenen Kategorisierungsvarianten zeigt sich der erst in Ausprägung befindliche Best-Practice Überbau der Risikofaktoren-Diversifikation.

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Durch das Verlassen der oberflächlichen Sichtweise von Anlageklassen im Rahmen der Portfoliokonstruktion hin zur Betrachtung der wesentlichen Risikotreiber erhält der Betrachter nun eine deutlich breitere Sichtweise, die auch auf die individuellen Bedürfnisse optimiert werden kann.

Die in der Darstellung aufgezeigte Möglichkeit ist nur ein Beispiel und kann entsprechend den Restriktionen angepasst und eingruppiert werden. Makroökonomische Faktoren sind beispielsweise wesentliche Risikotreiber für eine Vielzahl von Anlageklassen - sodass durch entsprechende Kombination von diesen Faktoren Anlageklassen nachgebaut werden können.

Die Herausforderung in der praktischen Umsetzung ist, dass nicht alle Risikofaktoren effizient und gezielten eingesetzt werden können beziehungsweise trivial investierbar sind. Oftmals müssen Proxies ( indirekte Anzeiger) verwendet werden, die dem Risikofaktor entsprechend am nächsten kommen. Als Beispiel kann der Risikofaktor Volatilität genannt werden, der durch ein Long-Position des Vix Futures Index abgebildet werden könnte – mit entsprechenden Schwierigkeiten, ein 1:1 Tracking erfolgreich umzusetzen.

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