LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
Aktualisiert am 28.01.2020 - 11:25 Uhrin InstitutionelleLesedauer: 7 Minuten

ETF oder aktiver Fonds? Eckhard Sauren und Götz Kirchhoff im Streitgespräch

Seite 2 / 4

DAS INVESTMENT: Auffallend ist, dass gerade große Fondsgesellschaften sich immer stärker am Index klammern und kaum noch mutige Investmententscheidungen treffen. Sauren: Es gibt nur eine limitierte Zahl an guten Managern. Auch bei den großen Häusern. Nur die wirklich guten Fondsmanager sind in der Lage, den Index zu schlagen. Die größeren Häuser wollen für jeden erdenklichen Markt Produkte anbieten, und das ist ein Problem. Kleine Boutiquen legen nur einen Fonds auf, wenn sie auch das Top-Personal dafür haben. Deshalb sind kleine Fondshäuser oftmals auch führend in ihrer Nische. Kirchhoff: Was ist aktives Management denn? Es ist die Selektion einzelner Aktien. Die Auswahl ist oftmals schwer nachzuvollziehen und mitunter riskant. Nehmen Sie die Pharmabranche. Der Fondsmanager wählt ein einzelnes Unternehmen, dann geht eine Medikamentenzulassung mal gut, mal geht es daneben. Kann ein Manager beurteilen, welche Risiken da drin sind? Kann ein Manager beurteilen, ob eine Übernahme einen fairen Preis hat? Ich bezweifle das. Die Durchschnittsrendite am Aktienmarkt beträgt 7 Prozent. Fondskosten liegen bei 2 Prozent plus Transaktionskosten. Die Chancen, mit Research und Titelselektion 30 Prozent mehr zu verdienen als der Markt, halte ich für sehr gering. Erst recht, wenn weniger aktive Wetten eingegangen werden. Inzwischen kommen 80 Prozent der Performance vom Markt und 20 Prozent sind dann hoffentlich einer gute Titelselektion geschuldet. Sauren: Das ist ja auch die Aufgabe des Managers. Und besonders in kleinen und illiquiden Märkten haben ak-tive Manager einen hohen Wert. Ich greife ihr Pharma-Beispiel gerne auf. Bei den großen Konzernen ist wenig zu holen, aber in den Nischen, bei kleinen Unternehmen und im Biotechnologiebereich, gibt es hervorragende Manager, die über Jahre hinweg besser sind als der Markt. DAS INVESTEMNT: ETFs für den breiten Markt und Fondsmanagement für die Nische? Sauren: Je ineffizienter ein Markt ist, desto besser eignet er sich für aktive Manager. Wenn Sie sagen, dass ETFs intelligente Produkte sind, kann ich nur widersprechen. Passives Kapital ist relativ dummes Geld, die Fonds sind einfach gestrickt und statisch. Denken Sie an Indexumstellungen. Kein Index sieht heute noch so aus wie vor zehn Jahren, die Mitglieder wechseln häufig. Diesen Austausch können aktive Manager spielen. Rechtzeitig den Aufsteiger kaufen und den Absteiger verkaufen. Passive Produkte verlieren jährlich beim großen US-Nebenwerteindex Russell 2000 im Schnitt 1,3 Prozent nur durch Umstel-lungen. ETFs müssen den Aufsteiger teuer kaufen, wenn der Fondsmanager ihn schon längst hat. Da sind ETFs ein gefundenes Fressen fürs aktive Management. Je mehr Geld in die passive Welt reingeht, umso einfacher ist es für aktive Manager, Geld zu verdienen. Sicher ist auch: 99 Prozent der ETFs schlagen nie ihren Index. Kirchhoff: Die Ineffizienzen, die Sie beschreiben, können nur die wenigsten Fondsmanager nutzen. Das würde man ja sonst auch in den Portfolios sehen. Vor wenigen Jahren noch galten ETFs als Trittbrettfahrer der Aktiven. Heute werden die Produkte immer häufiger in vermögensverwaltenden Fonds eingesetzt, eben weil das Einzeltitelrisiko reduziert werden soll. DAS INVESTMENT: Viele Gesellschaften räumen gerade ihre Produktpaletten auf und schließen aus Kosten-gründen Fonds. Die ETF-Branche bringt massiv neue Produkte auf den Markt und kopiert Exoten der Akti-ven, wie asiatische Dividenden-ETFs. Verspielt die Branche ihr Klarheit-Wahrheit-Transparenz-Prädikat? Kirchhoff: Die Gefahr sehe ich auch. Solche Exoten-Fonds braucht niemand. Die Zertifikatehäuser haben es vorgemacht und jede Strategie über Nacht zum Zertifikat verpackt. Das versucht die ETF-Industrie derzeit auch und will demnächst über Indizes gemanagte Portfolios anbieten. Das ist ein Fehler. Es gibt in Europa 500 ETFs. Diese große Anzahl braucht kein Mensch. Es reichen große Standardprodukte mit niedrigen Kosten. Sauren: Die ETF-Industrie begeht einen großen Fehler, wenn sie sich in zu enge Märkte wagt. Die Liquidität ist ein Pluspunkt der Produkte. Die sollte nicht aufs Spiel gesetzt werden.
Tipps der Redaktion