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Ethenea Experten-Kolumne Anleger-Stampede weicht ozonhaltiger Börsen-Luft

Guido Barthels, Portfolio Manager der Ethna Funds
Guido Barthels, Portfolio Manager der Ethna Funds
Für die Fluchtbewegung einer solchen in Panik geratenen Rinderherde gibt einen Fachbegriff: Die Stampede. Eine Kleinigkeit, wie ein unvorhergesehenes Geräusch, kann hierfür der Auslöser sein. An den Kapitalmärkten existieren ähnliche Phänomene – was sich gut am Beispiel der Kalenderwoche 42 ablesen lässt. Wie eine Rinderherde spürt, wenn ein Gewitter in der Luft liegt, witterten die Märkte die sehr ausgetrocknete Liquidität an den Kredit- und auch in zunehmendem Maße an den Aktienmärkten. Die Renditeaufschläge auf Kreditprodukte reflektierten nicht mehr adäquat die zusätzlichen Risiken gegenüber Staatsanleihen von bester Bonität. Risk-on war zu sehr in Mode.

Und dann kam der 15. Oktober 2014. Keiner weiß, was das Ereignis war, das alles in Gang setzte. Am Wochenende zuvor sprach FOMC-Mitglied James Bullard davon, die Anleiheaufkäufe der Fed möglicherweise fortzusetzen, was man als sehr negativ oder sehr positiv interpretieren konnte – je nach Standpunkt und eigener Positionierung. Vielleicht waren auch die veröffentlichten Protokolle des letzten FOMC-Meetings der Grund, in welchem auf die Risiken bei der US-amerikanischen Wirtschaftserholung hingewiesen wurde. Oder waren es die Aussagen des griechischen Regierungschefs Andonis Samaras, der bereits Ende September eine vorzeitige Beendigung des griechischen IMF-Programms in Aussicht stellte? So oder so: Am 15. sowie am 16. Oktober waren Risikoaktiva enorm unter Druck.

Die griechische 10-jährige Staatsanleihe verlor an diesen beiden Tagen fast 12 Punkte, ihre Rendite stieg um fast 130 Renditestellen. Möglicherweise war das berechtigt, da auch wir nicht davon ausgehen, dass ein vorzeitiges Ende der vom IWF geforderten Reformen die Zahlungsbonität von Griechenland verbessern wird. Mit Ausnahme des chinesischen Aktienmarkts haben an diesen beiden Tagen letztlich alle Märkte heftig nach unten korrigiert. Durch die zunehmenden Bauchschmerzen vieler Akteure im Hinblick auf den globalen Aufschwung haben die Aktienmärkte seit Anfang September fast sechs Billionen US-Dollar verloren. Selbst in Zeiten von Rettungspaketen bleibt der Verlust einer solchen Summe nicht ohne jegliche Wirkung.

Der Sell-Off Griechenlands hat sich auch an den übrigen europäischen Märkten bemerkbar gemacht. So rentiert Belgien mittlerweile niedriger als Frankreich. Der Markt trägt Frankreichs Reformschwierigkeiten Rechnung und hat erkannt, dass Belgien trotz der relativ höheren Staatsverschuldung besser dasteht. Spaniens Reformpolitik wie auch das Wirtschaftswachstum verbuchen Erfolge und das Land handelt niedriger als Italien. Da Italiens Reformbemühungen bis auf Weiteres nur Bemühungen zu bleiben scheinen, wird sich dieser Trend wohl noch fortsetzen.

Die vielen Verkäufer der Junkbonds, der Nachranganleihen, der Peripherieanleihen und vor allem der Aktien haben sicherlich einen Großteil ihres Erlöses im Cash gelassen, wie beispielsweise wir – jedoch haben sie auch einen nicht unerheblichen Teil in die vermeintlich sicheren Staatsanleihen gesteckt. Der Bund Future als weltweit liquidester Terminkontrakt reagierte heftig mit Intraday-Preisbewegungen von 1,5 Punkten. Am 15. Oktober wurde er im Gegenwert von über 160 Milliarden EUR gehandelt. Den Vogel abgeschossen hat allerdings der T-Note Future in Chicago: Eine Intraday-Preisspanne von 3 Punkten gab es seit dem Konkurs von Lehman Brothers nicht mehr.

Lässt man die Ereignisse Revue passieren, zeigt sich: Die Stampede hat hoffentlich teilweise wie ein reinigendes Gewitter gewirkt. Die drückende Schwüle wurde durch frische ozonhaltige Luft ersetzt. Die sogenannten schwachen Hände sind aus ihren Positionen geholt worden – Positionen, die sie vielleicht gar nicht hätten halten sollen. Verluste wurden gemacht und Risiken neu bewertet.

Eine Stampede haben wir überstanden, doch es wird nicht die letzte an den Kapitalmärkten sein. Die Tatsache, dass wir uns in weitgehend unbekannten Gewässern befinden, macht das Manövrieren nicht einfacher. Die Zentralbanker wissen letztendlich nicht mit Gewissheit, ob die Geldpolitik des Quantitative Easing der richtige Weg war. Es schien der beste Weg zum jeweiligen Zeitpunkt, allerdings werden die Verfasser zukünftiger Lehrbücher möglicherweise anders urteilen.

Disclaimer:Ausführliche Hinweise zu Chancen und Risiken entnehmen Sie bitte dem letztgültigen Verkaufs-prospekt. Maßgeblich sind die Angaben im Verkaufsprospekt sowie der aktuelle Halbjahres- und Jahresbericht. Den Verkaufsprospekt, die Berichte sowie die wesentlichen Anlegerinformationen in deutscher Sprache erhalten Sie kostenlos bei ETHENEA Independent Investors S. A. und unter www.ethenea.com

Über den Autor: Guido Barthels, Chief Investment Officer der ETHENEA Independent Investors S.A. und Portfolio Manager der Ethna Funds, blickt zurück auf mehr als 27 Jahre Berufserfahrung an den internationalen Kapitalmärkten und hat sich insbesondere als Rentenspezialist einen Namen gemacht. Seine Laufbahn führte ihn von JP Morgan über Dresdner Kleinwort Research GmbH zu Depfa Bank plc in London, wo er als Head of Research Department und Managing Director tätig war. Seit 2008 ist er Portfolio Manager der erfolgreich etablierten Ethna Funds, drei aktiv gemanagter Vermögensverwaltungsfonds, und gestaltet deren Vermögensverwaltungskonzept maßgeblich mit.

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