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Aktualisiert am 18.02.2011 - 12:16 UhrLesedauer: 5 Minuten

Eugen Weinberg: „Ich finde inzwischen Gefallen an Rohstoff-Spekulanten“

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DAS INVESTMENT.com: Welcher Teil der Rohstoff-Hausse geht auf das Konto der echten Wirtschaft und wie viel machen Investoren aus?

Weinberg: Wissen Sie, das trenne ich gar nicht mehr so sehr wie früher. Ich habe mich damit abgefunden, dass langfristige Anleger im Markt sind, weil sie auch nicht mehr aus dem Markt rausgehen. Wir beobachten hier ein interessantes Phänomen: Der Anteil der kurzfristigen Spekulanten wird regelmäßig überschätzt und der der langfristigen Anleger eher unterschätzt. Letztere bestimmen die Tendenz. Und die heißt zurzeit „The trend is your friend“.

DAS INVESTMENT.com: Und Spekulanten sorgen für die Schwankungen?

Weinberg: So ist es. Aber auch sie sind Teil des Marktes, damit sollten wir uns abfinden. Ich muss sogar zugeben, dass ich Gefallen daran finde, dass sie da sind.

DAS INVESTMENT.com: Soso.

Weinberg: Ja, sie können auch konstruktiv wirken, indem sie nach ihrer eigenen Einschätzung billig kaufen und teuer verkaufen. Sie machen den Markt damit tiefer, transparenter und sorgen für mehr Umsätze.

DAS INVESTMENT.com: Oder für enorme Turbulenzen wie zuletzt bei Baumwolle oder Kupfer. Verdreifacht, gedrittelt und wieder verdreifacht. Mit der Nachfrage nach Rohren ist das allein nicht zu erklären.

Weinberg: Das ist zwar richtig, aber man sollte sich auch die gewaltigen Vorteile der Futures-Märkte vor Augen führen. Händler und Industrie können sich dort gegen solche Schwankungen absichern. Und je mehr das machen, desto transparenter und liquider werden die Märkte. Das ist etwa bei seltenen Erden noch nicht möglich. Entsprechend nervös ist die Industrie auch geworden, angesichts der immensen Preisschwankungen dort. Sie will sich absichern, kann es aber nicht.

DAS INVESTMENT.com: Der „Spiegel“ prangerte wiederholt an, dass Banken durch den Eigenhandel die Schwankungen verstärken und auf der anderen Seite ihren Kunden den Schutz davor anbieten. Damit verdienen sie doppelt.

Weinberg: Banken haben einfach ein neues Geschäftsfeld entdeckt und erschlossen. Warum soll uns das überraschen? Die Banken selbst steigen wegen der neuen Regularien eher aus dem Eigenhandel aus. Es sind vielmehr die Kunden der Banken, vor allem die institutionellen Anleger, die dem Markt ihren Stempel aufdrücken. Die Handelsabteilungen der Banken sind nur Mittel zum Zweck.

DAS INVESTMENT.com: Die Eigenhandelsergebnisse einiger Investmentbanken sehen nicht danach aus.

Weinberg: Es wird zwar vermutet, dass vor allem die US-Investmentbanken einen erheblichen Teil ihrer Gewinne mit dem Eigenhandel erzielen. Beweisen lässt sich das aber kaum, zumal die Aufteilung dieser Gewinne nach den einzelnen Sparten, wie Aktien, Renten, Devisen oder Rohstoffen, fehlt. Man kann außerdem hoffen, dass die Vorschläge des früheren Fed-Vorsitzenden Paul Volcker, die die Eigenhandelsaktivitäten der Banken einschränken sollen, bald von der US-Regierung umgesetzt werden. Einige Großbanken haben bereits bekannt gegeben, dass sie aus dem Eigenhandel mit Rohstoffen aussteigen werden. Ich halte das für sinnvoll, denn dadurch kriegen die anderen Teilnehmer nicht mehr das Gefühl, dass sie einen übermächtigen Gegner haben.

DAS INVESTMENT.com: Die Industrie stöhnt über die stark gestiegenen Preise. Sie würden sie schädigen, heißt es gerne.

Weinberg: Hier stellt sich die berühmte Frage nach der Henne und dem Ei. Zerstören die hohen Preise wirklich die Industrie oder sind die Preise durch die hohe Nachfrage der Industrie so stark gestiegen? So ganz genau kann man das meiner Meinung nach nicht trennen. Wenn Preise allerdings weit über ein faires Niveau hinaus steigen, können sie sicher sehr zerstörerisch wirken.

DAS INVESTMENT.com: Sind sie noch fair?

Weinberg: Es kommt auf den Rohstoff an. Einige Preise sind sicher schon über den normalen Bereich hinaus gestiegen – nicht nur wegen der starken Konjunktur. Es kann aber noch viel weiter gehen. Denn wir sehen neuerdings, dass sich Investoren von den Terminmärkten auf die echten physischen Warenmärkte bewegen.

DAS INVESTMENT.com: Sie meinen die Zertifikate, über die Anleger auch auf Industriemetalle setzen können, und die mit echten Lagerbeständen besichert werden.

Weinberg: Genau.
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