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Aktualisiert am 29.01.2020 - 09:01 Uhrin Recht & SteuernLesedauer: 7 Minuten

EuGH erleichtert Nachweis für Insiderhandel

Europäischer Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg
Europäischer Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Urteil vom 23. Dezember 2009 (Rechtssache C-45/08) die Auslegung des Insiderhandelsverbots weiter konkretisiert. Verbotene Insiderhandlungen können von nun an leichter nachgewiesen werden. Was bisher, zum Beispiel im Zusammenhang mit M&A-Transaktionen (Fusionen und Übernahmen), zulässig war, wird aber auch in Zukunft insiderrechtlich nicht verboten sein.

Was ist unzulässiger Insiderhandel? Gegen das Insiderhandelsverbot verstößt, wer eine Insiderinformation bei dem Erwerb oder der Veräußerung von Finanzinstrumenten nutzt beziehungsweise – nach dem Wortlaut der deutschen Vorschrift – „verwendet“.

Umstritten ist, inwieweit ein „Verwenden“ voraussetzt, dass das Wissen um die Insiderinformation den Erwerbs- oder Veräußerungsentschluss beeinflusst hat. Überwiegend gilt eine Insiderinformation als „verwendet“, wenn sie in das Handeln des Betroffenen „mit eingeflossen ist“.

EuGH will Insiderhandel effektiver ahnden

Nach der Entscheidung des EuGH liegt eine „Nutzung“ der Insiderinformation im Sinne der europäischen Marktmissbrauchsrichtlinie dann vor, wenn eine über die Information verfügende Person die davon betroffenen Finanzinstrumente erwirbt oder veräußert. Dabei – und das ist neu – muss nicht nachgewiesen werden, dass der Handelnde die Information bewusst genutzt hat.

Das könne – so der EuGH – in den entsprechenden Situationen vielmehr vermutet werden. Umgekehrt steht es dem Betroffenen aber frei, die Vermutung, er habe die Information „genutzt“, zu widerlegen. Der EuGH will dadurch eine „effektive Ahndung“ von Verstößen gegen das Insiderrecht möglich machen.

Der EuGH betont in seiner Entscheidung allerdings auch, das Verbot dürfe nicht übermäßig ausgeweitet werden. Zweck des Insiderhandelsverbots sei es, die Integrität der Finanzmärkte zu schützen und das Vertrauen der Investoren zu stärken. Letzteres beruhe auf der Gewissheit, dass die Investoren einander gleichgestellt und gegen die unrechtmäßige Verwendung von Insiderinformationen geschützt sind.

Das Verbot von Insidergeschäften sei dann – aber auch nur dann – anwendbar, wenn der Insider von dem Vorteil, den ihm die Insiderinformation verschaffe, „ungerechtfertigt Gebrauch macht“.

Ist das deutsche Insiderhandelsverbot betroffen?

Das deutsche Insiderhandelsverbot in Paragraf 14 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) ist das Ergebnis der Umsetzung europäischer Richtlinien. Eine EuGH-Entscheidung hat – wie höchstrichterliche Urteile deutscher Gerichte auch – eine Art faktische Bindungswirkung für die Gerichte niedrigerer Instanzen.

Bezogen auf den vorliegenden Fall heißt das, dass sich die Gerichte in Zukunft mit großer Wahrscheinlichkeit an der Entscheidung des EuGH orientieren werden. Ein Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot könnte dann in Zukunft leichter nachgewiesen werden als bisher. Das ist besonders brisant, weil der Verstoß in Deutschland mit bis zu fünf Jahren Haft strafrechtlich sanktioniert werden kann.

Ausnahme für außerbörsliche Wertpapiertransaktionen?

An der Börse gehandelte Wertpapiere können auch außerhalb der Börse verkauft und übertragen werden. Verfügen Verkäufer und Käufer im Hinblick auf etwaige Insiderinformationen über das gleiche Wissen (sogenannte Face-to-Face-Geschäfte), geht man bisher davon aus, dass kein Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot vorliegt. Zwar werden die Insiderinformationen die Transaktion in solchen Fällen in gewisser Weise beeinflussen. Aber es handelt sich nicht um einen Verstoß gegen das Gebot der Chancengleichheit auf dem Kapitalmarkt; der Schutzzweck des Insiderhandelsverbots ist somit nicht berührt.

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