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Eurokrise: Reicht der Rettungsschirm?

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Griechenland müsste also weiterhin ein enormes Sparprogramm stemmen. Auch an der Notwendigkeit von Strukturreformen würde sich nichts ändern. Hinzu kommt, dass ein Land mit dem Malus einer Umschuldung auf Jahre hinaus keinen Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten besitzt. Der Schuldenschnitt erzeugt zudem Verluste bei den Gläubigern. Die Staatengemeinschaft müsste 26 Milliarden Euro übernehmen, was verkraftbar wäre.

Problematischer wird es bei den privaten Gläubigern. So hielten griechische Banken Anfang 2011 etwa 70 Milliarden Euro, und weitere 170 Milliarden Euro liegen bei ausländischen Finanzinstituten, einschließlich Versicherungen und Pensionskassen. Marktberichten zufolge führen nach wie vor die meisten Kreditinstitute ihre griechischen Anleihen im Bankenbuch, womit diese Anleihen nicht auf den aktuellen Marktwert abgeschrieben wären.

Als Folge eines griechischen Schuldenschnitts müssten deshalb in den Euroländern neue Bankenrettungspakete aufgelegt werden. In Griechenland würde sogar eine veritable Bankenkrise drohen. Die Institute leiden dort bereits jetzt unter einem Abfluss an Einlagen und unter der heimischen Wirtschaftskrise, die hohe Abschreibungen auf Kredite erforderlich macht.

Am gefährlichsten ist aber die Auswirkung auf andere Problemländer der Eurozone: Griechenland wäre das erste Industrieland, das den Offenbarungseid leistet – bislang gingen nur Entwicklungs- und Schwellenländer in die Insolvenz. Viele Investoren würden nach diesem Präzedenzfall ihre Einstellung zu Staatsanleihen generell und zu Staatsanleihen von den Euro-Peripherieländern im Besonderen überdenken. Wenn ein Schuldenschnitt in Griechenland möglich ist, warum dann nicht auch in Irland, Portugal, Spanien, Italien, Belgien oder sogar Frankreich? Eine Umschuldung Griechenlands ist deshalb ein Spiel mit dem Feuer, das in einer internationalen Finanzkrise enden könnte.

Gibt es eine elegantere Lösung für Griechenland?

Alternativen zu einem offiziellen Schuldenschnitt gibt es durchaus. Eine realistische Möglichkeit besteht in der Veräußerung von Staatsvermögen, kombiniert mit einem freiwilligen Schuldenschnitt. Auf diesem Weg könnte Griechenlands Schuldenstandsquote von 150 Prozent auf 130 Prozent reduziert werden. Der effizienteste Weg, um Griechenland bei der Sanierung seines Staatshaushalts weiterzuhelfen, ist aber sicherlich eine zusätzliche Senkung der Zinskosten. Dies könnte geschehen, indem der ESM auf einen Strafzuschlag auf seine Refinanzierungskosten verzichtet.

Fazit: Der neu geschaffene ESM ist ein großvolumiges Sicherheitsnetz. Mit ihm kann die gesamte Refinanzierung von Griechenland, Irland und Portugal in den nächsten sieben Jahren gestemmt werden. Die Solvenz dieser Länder ist damit aber nicht automatisch gesichert. Vielmehr schwebt die Frage nach einer möglichen Umschuldung Griechenlands oder anderer Peripheriestaaten weiterhin wie ein Damoklesschwert über der Eurozone. Es ist deshalb ein Versäumnis, dass sich die EU-Länder im Falle Griechenlands nicht zusätzlich auf einen freiwilligen Schuldenschnitt und eine weitere Senkung der Zinsen geeinigt haben. Ein echter Haircut hingegen wäre kontraproduktiv.

Daniel Hartmann (Foto) ist Senior Analyst beim Anleihenspezialist Bantleon.

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