LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in FondsLesedauer: 6 Minuten

Didier Saint-Georges von Carmignac „Europa geht stark aus der Krise“

Seite 2 / 4

Glauben Sie an große Würfe der Politik?

Saint-Georges: Ja, ich bin sehr optimistisch. Aus einem recht einfachen Grund: Weil einfach etwas getan werden muss. Gerade in Italien und hier in Frankreich. Gerade bei uns Franzosen gibt es das große Bedürfnis nach einem Politikwechsel. Macron hat eine respektable Mehrheit, und er wird schnell vorangehen. Das ist ein großer Unterschied zu 1995. Da gab es eine vereinte Opposition, und Reformen hatten es schwer. Dem ist heute nicht so. Eine vergleichbare Entwicklung werden wir auch in Deutschland und Italien erleben. Bis diese Reformen aber einen Effekt haben, wird Zeit vergehen. Der Effekt auf die Marktstimmung könnte sich hingegen schon viel schneller bemerkbar machen.

Steht Europa eine goldenen Dekade bevor?

Saint-Georges: Die Möglichkeit besteht. Der große Gewinner der Finanzkrise 2008 in den USA waren die USA selbst. So merkwürdig das klingt. Europa galt als fragiles Konstrukt. Wackelig und vor dem Zusammenbrechen. Das Kapital floss in die US-Wirtschaft. Und heute? Europa ist stark, und das Kapital kommt langsam zurück. Da sind wir wieder bei der Währung. Nun braucht es die richtigen Projekte und Visionen. Aus einem Krisenmodus heraus ist noch nichts Großes entstanden. Die Chance haben wir nun.

Macron wurde wegen seines Programms und seines Willens zur Veränderung gewählt. Warum haben so viele Amerikaner für Donald Trump gestimmt?

Saint-Georges: Die US-Finanzkrise fußte ab 2008 auf einem Ungleichgewicht der Wirtschaft und der Bevölkerung. Die Zentralbanken haben die Wirtschaft am Laufen gehalten. Das gesellschaftliche Ungleichgewicht ist indes noch gravierender geworden. Ein steigender Kapitalmarkt bei gleichzeitig niedrig bleibenden Löhnen führt zu einer brutalen gesellschaftlichen Polarisierung. Dann schlägt die Stunde der Populisten. Überspitzt formuliert ist Trump in gewisser Weise das Ergebnis der Notenbankpolitik, des Quantitative Ea sings. Versagen Macron und Merkel, droht auch der Eurozone ein Typ wie Trump. Ein kleiner Einwurf noch: Die Chinesen schauen sich diese Entwicklung ganz interessiert an. Sie sind sehr ambitioniert und haben inzwischen auch nichts gegen eine starke eigene Währung. Langfristig will China seine Ölimporte in Renminbi zahlen, nicht in US-Dollar. Das Verlassen der Trans-Pazifik-Partnerschaft durch die USA war ein Geschenk an China.

Tipps der Redaktion