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„Europa gelingt etwas, was noch keine Industrienation zuvor geschafft hat“

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Da geht noch einiges

Freilich ist der Umschwung nicht auf allen Gebieten so eindrucksvoll. Das gilt einmal für die öffentlichen Finanzen. Griechenland wird in diesem Jahr noch einen Fehlbetrag von 3,8 Prozent des BIP aufweisen, Spanien sogar von 6,5 Prozent. Bereinigt um Konjunktureffekte entspricht dies in Griechenland einem Überschuss von 2,4 Prozent. Das ist gut. In Spanien ist es jedoch auch dann noch ein Fehlbetrag von 4,3 Prozent.

Bei der Effizienz der Verwaltung gibt es noch erhebliche Defizite, wie aus dem in der vergangenen  Woche veröffentlichten „Doing Business“-Report der Weltbank hervorgeht. Auch am Arbeitsmarkt und beim Wettbewerb auf den Produktmärkten lässt vieles noch zu wünschen übrig.

Rückkehr der US-Investoren


Trotzdem: Es ist nicht verwunderlich, dass sich solch ein „Big Bang“ in den Fundamentalfaktoren auch auf den Finanzmärkten niederschlägt. Es gibt seit einigen Monaten einen starken Zufluss an Kapital in den Euroraum, vor allem aus USA.

Er hat zunächst dazu geführt, dass die Zinsen in den Peripherieländern deutlich gesunken sind. Spanien zahlt jetzt weniger als 4 Prozent für 10-jährige Staatspapiere. Der Spread zu den deutschen Bundesanleihen liegt nur noch bei etwas mehr als zwei Prozentpunkten. Das dürfte in etwa dem Spread aufgrund der unter-schiedlichen Risikosituation entsprechen. Eine „Angstprämie“ ist hier nicht mehr enthalten.

Bei Aktien war der Umschwung besonders spektakulär. Seit Mitte des Jahres sind griechische Aktien um 45 Prozent gestiegen, spanische um 31 Prozent. Das war deutlich mehr als die 17 Prozent des Dax.

Das Schöne daran: Das hat nichts mit Liquidität oder einer Blase zu tun. Es ist allein auf fundamentale Verbesserungen zurückzuführen. Bemerkenswert ist, dass auch italienische Aktien trotz der geringeren Reform-Aktivitäten stark zugelegt haben (+29 Prozent in dieser Zeit). Italien profitiert offenbar von dem generellen Euro-Bonus. Aber auch das Ausscheiden des ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconis aus der Politik hat geholfen.

Vorsicht ist trotzdem angebracht. Es lauern noch Gefahren. In Griechenland wird von einem Schuldenschnitt gesprochen. Die spanischen Banken haben noch viele faule Kredite in ihren Büchern. Die konjunkturelle Erholung in den Ländern ruht auf schwachen Füßen.

Und das Wichtigste: Die Hausse ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Reformen weitergehen. Bei der Gesundung von Spanien und Griechenland ist erst die Hälfte bis zwei Drittel des Weges geschafft. Reformmüdigkeit würde alle bisherigen Erfolge zunichtemachen.

Für den Anleger

Bei den Anleihen dürfte der Großteil der Verbesserungen in den europäischen Peripherieländern schon gelaufen sein. Eine weitere Verringerung der Renditen in Spanien (aber auch Italien) halte ich aufgrund der ökonomischen Gegebenheiten nicht für gerechtfertigt.

Bei Aktien ist dagegen noch Luft nach oben. Vor der Finanzkrise stand der spanische Aktienindex bei knapp 16.000. Heute hat er auch nach dem Kursansteigen der letzten Monate erst 10.000 erreicht. Bei griechischen Aktien ist der Abstand noch größer. Vor der Krise lag der Index bei über 5.000, derzeit steht er bei knapp 1.200.

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