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Aktualisiert am 14.02.2019 - 11:31 UhrLesedauer: 5 Minuten
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Europas Nummer eins zur aktuellen Lage Warum Anleger sich auf unruhige Finanzmärkte einstellen sollten

Philippe Ithurbide, Research-Chef bei Amundi AM

Die Folgen der Finanzkrise, die vor etwa zehn Jahren ihren Anfang nahm, sind noch nicht vollständig überwunden. Doch nun kündigt sich das Risiko einer neuen Krise an. Einen Vorgeschmack gaben bereits die markanten Marktkorrekturen im Januar und Februar dieses Jahres.

Es stellt sich die Frage: Wie wird sich der Übergang aus der aktuellen Wachstumsphase mit niedriger Inflation und niedrigen Zinsen in eine Phase stärkerer Volatilität, höherer Inflation und entsprechend angepassten Zinsen vollziehen?

„Die Vergangenheit lehrt uns, dass sich Finanzkrisen selten vorhersehen lassen“, weiß Philippe Ithurbide, Global Head of Research bei Amundi Asset Management. „Präziser ausgedrückt: Maßnahmen, die eine Krise hätten verhindern können, wurden noch nie rechtzeitig eingeleitet – obwohl es tatsächlich immer eindeutige Signale für eine Krise gab.“ Warnzeichen seien jedoch nicht nur von den Regulierungsbehörden und Zentralbanken, sondern gleichermaßen auch von den Anlegern ignoriert oder unterschätzt worden.

Ithurbide, der für Europas größte Fondsgesellschaft arbeitet, die weltweit zu den zehn größten Vermögensverwaltern zählt (Stand: 31. Dezember 2017), identifiziert drei Märkte, welche in der aktuellen Lage einen weltweiten Schock oder eine Krise auslösen können:

Anleihen preisen Risiken (noch) nicht ein

Die von den Zentralbanken weltweit bereitgestellte überschüssige Liquidität fließt nicht in Waren und Dienstleistungen, sondern stattdessen in Vermögenswerte wie Anleihen. Bekanntlich sind die Zinssätze in den Industrieländern aufgrund der extrem expansiven Geldpolitik der Zentralbanken insgesamt zu niedrig. Weil Anleihen vor diesem Hintergrund nicht die tatsächlichen Risiken einpreisen, ist speziell der europäische Markt gefährdet. In den USA steht die Bewertung der Anleihen zwar im Einklang mit den Fundamentaldaten, aber die expansive Fiskal- und Steuerpolitik werden aller Voraussicht nach sowohl zu einer höheren Staatsverschuldung als auch einem höheren Außenhandelsdefizit führen. Die Folge: Steigende US-Zinsen und eine Abwertung des US-Dollars werden wahrscheinlicher. In der Bewertung der Anleihen hat sich dieses mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eintretende Szenario aber (noch) nicht niedergeschlagen.

Chinesische Unternehmensanleihen besonders gefährdet

Ungemach droht auch vom Markt für chinesische Unternehmensanleihen: Die chinesische Regierung um Xi Jinping setzt alles daran, dass die Wirtschaft Jahr für Jahr um mehr als 6 Prozent wächst. Allerdings hat dies zu einer sehr hohen inländischen Verschuldung des Staates, der Unternehmen und der privaten Haushalte geführt – wobei Unternehmen den höchsten Anteil der Verschuldung schultern. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren lag das Verhältnis der Schulden zum Bruttoinlandsprodukt in China bei 120 Prozent. Seitdem ist dieser Wert rasant auf einen alarmierenden Stand von derzeit  250 bis 260 Prozent angestiegen. Ein weltweiter Anstieg der Leitzinsen würde sich deshalb ausgesprochen nachteilig auf Chinas Wirtschaft auswirken.

Risiko von Korrekturen am US-Aktienmarkt

Viele Anleger halten den US-Aktienmarkt für stark überbewertet. Gründe dafür gibt es gleich mehrere: das Quantitative-Easing (QE)-Programm der Fed, die langjährige Niedrigzinspolitik, eine womöglich zu positive Bewertung des US-Wirtschaftswachstums sowie unterschätzte Inflationsgefahren und Risikoaufschläge. Die Schlüsselfrage ist derzeit: Handelt es sich beim US-Aktienboom nur um ein vorübergehendes Phänomen aufgrund des Steuersenkungsprogramms und eines zyklischen Wirtschaftsaufschwungs? Oder gibt es strukturelle, nachhaltige Faktoren, wie steigende Produktivität und Profitabilität? Um die Anleger von Letzterem zu überzeugen, müssen Unternehmen ihr Wachstum kontinuierlich nachweisen – ansonsten steigt das Risiko eines Crashs.