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Eurozone schafft den konjunkturellen Durchbruch

Daniel Hartmann, Leitender volkswirtschaftlicher Analyst des Anleihemanagers Bantleon
Daniel Hartmann, Leitender volkswirtschaftlicher Analyst des Anleihemanagers Bantleon
Das BIP der Eurozone ist im zweiten Quartal 2013 erstmals seit anderthalb Jahren wieder gewachsen – mit 0,3 Prozent überdies überraschend stark. Dennoch treten viele Ökonomen bereits auf die Euphoriebremse. Teilen Sie diese Skepsis?

Daniel Hartmann: Das überraschend deutliche Plus von 0,3 Prozent, annualisiert 1,1 Prozent, überzeichnet sicherlich den aktuellen Konjunkturtrend. Zum Teil ist das Wachstum vom ersten Quartal geborgt, als übermäßig kaltes Wetter, das frühe Osterfest und Steuererhöhungen – etwa in Frankreich – die Wirtschaft belastet haben. Das eigentliche Wachstumstempo dürfte daher zum Ende des ersten Halbjahres nur knapp über null gelegen haben. Dies ändert indessen nichts an der klar positiven Botschaft des jüngsten BIP-Ergebnisses: Der Aufschwung in der Eurozone ist in vollem Gange und damit einhergehend wird sich auch die Eurokrise weiter entspannen.

Was halten sie an den jüngsten BIP-Zahlen für besonders wichtig?

Hartmann: Hervorzuheben ist zum einen, dass Deutschland – mit einem Wachstum von 0,7 Prozent – seine Rolle als Konjunkturlokomotive zurückgewonnen hat und zum anderen die Bremswirkung in den Peripherieländern merklich nachgelassen hat. Beides geschah vor dem Hintergrund eines äußerst schwachen weltwirtschaftlichen Umfelds. Mithin legte der deutsche Export im ersten Halbjahr nur geringfügig zu. Dies unterstreicht das äußerst robuste binnenwirtschaftliche Umfeld in Deutschland. Parallel dazu neigen sich in den Peripherieländern die Zeiten des schrumpfenden Konsums dem Ende zu.

Was stimmt sie für die nächsten Monate in konjunktureller Hinsicht zuversichtlich?

Hartmann: Vieles spricht dafür, dass sich die Konsumerholung in den Peripherieländern in den kommenden Quartalen fortsetzt und dabei sogar noch an Eigendynamik gewinnt. In den vergangenen zwei Jahren wurde der private Verbrauch in weiten Teilen der Eurozone von einer Serie heftiger Steuererhöhungen belastet – allen voran Mehrwertsteuererhöhungen. Mittlerweile haben sich die Sparanstrengungen auf die Aufgabenseite verlagert, zum Teil sind, wie in Italien, sogar erste Steuersenkungen geplant.

Erste Lichtblicke zeigen sich überdies am Arbeitsmarkt, zum Beispiel in Spanien. Schließlich wird die Kaufkraft der Konsumenten durch die abnehmenden Teuerungsraten entlastet.  Darüber hinaus dürfte aber auch die traditionelle Stützkraft der europäischen Konjunktur endlich in die Gänge kommen – der Export. Allen voran in den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Japan und zahlreichen osteuropäischen Ländern ist der aktuelle Wachstumstrend nach oben gerichtet.

Was bedeutet dies für die Eurokrise?

Hartmann: Das anziehende Wachstum schafft viele Probleme – wie die hohen öffentlichen Schuldenstände – natürlich nicht aus der Welt. Die Haushaltskonsolidierung wird dadurch aber spürbar erleichtert. Bereits ein reales Wachstum von 1,0 bis 1,5 Prozent würde derzeit ausreichen, um den öffentlichen Budgetsaldo in Italien nahe der Nulllinie zu befördern.

Andere südeuropäische Länder wären in diesem Fall nicht mehr weit von einem Haushaltsausgleich entfernt. Dies würde zugleich das Ende der stetig steigenden Schuldenstandsquoten, also das Verhältnis der gesamten Staatsverschuldung zum BIP, einläuten. Auch aus psychologischer Sicht ist die konjunkturelle Trendwende von großer Bedeutung. Sollte sie in den nächsten Monaten bestätigt werden – wovon wir ausgehen – wäre dies ein klares Signal, dass die Abwärtsspirale in Südeuropa durchbrochen ist und die Eurozone in der gegenwärtigen Form überlebensfähig ist.

Wird die Eurokrise also schon bald aus den Schlagzeilen verschwunden sein?

Hartmann: Das sicherlich nicht. Unter anderem wird die Diskussion um neue Hilfspakte und mögliche Schuldenschnitte für Griechenland und Portugal in den nächsten Monaten auf der Agenda stehen. Die fragilen Regierungen sind überdies weiterhin gefordert, unpopuläre Sparmaßnahmen und Strukturreformen durchzusetzen. In Zukunft sollte sich aber nicht jede nationale Regierungskrise zu einer Existenzfrage der Währungsunion hochschaukeln.

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