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Experten-Interview mit Daniel Lösche „Die Vorteile von Multi-Asset-Fonds sind heute mehr denn je gefragt“

Daniel Lösche, Investment Analyst bei Schroder Investment Management GmbH (Bild: Schroders)
Daniel Lösche, Investment Analyst bei Schroder Investment Management GmbH (Bild: Schroders)
Herr Lösche, was sind die Gründe für diesen allgemeinen Fondsboom?

Die Herausforderungen an den Kapitalmärkten führen dazu, dass Anleger auf der Suche nach Rendite ihren Blick auf ausgefeilte Anlagekonzepte richten. Aktiv verwaltete Publikumsfonds, die verschiedenste Anlagestile anbieten, rücken so vermehrt in den Fokus. Zudem werden die Bedürfnisse der Anleger individueller und gleichzeitig vielseitiger. Ihren Wünschen können vor allem Fondsmanager aktiver Publikumsfonds nachkommen – beispielsweise ist für viele Anleger in den letzten Jahren eine ausschüttungsstarke und einkommensorientierte Komponente bei der Auswahl ihrer Anlage wichtiger geworden.

Bereits seit drei Jahren steigt auch die Zahl der Zuflüsse in Multi-Asset-Fonds stetig. Sogar deutlich mehr als die Hälfte aller Mittelzuflüsse im laufenden Jahr liegen bereits in Multi-Asset-Fonds. Was hat den Hype auf diese Fondskategorie ausgelöst?

Anleger streben bei der Auswahl ihrer Investments immer häufiger möglichst ganzheitliche Konzepte an, die Ihnen eine umfassende Vermögensstrukturierung ermöglichen. Dabei spielen Risikostreuung und die Suche nach stabilen Erträgen eine wichtige Rolle. Für Privatanleger ist es allerdings, aufgrund der Größe und Komplexität des Anlage-Universums nahezu unmöglich, selbst ein effizientes Portfolio aufzubauen und dieses auch dauerhaft zu verwalten. Niedrigzinsumfeld und volatile Aktienmärkte sorgen weiter für Verunsicherung. Mit einem Multi-Asset-Fonds erhalten Anleger ein global strukturiertes und flexibel verwaltetes Angebot. Ein weiterer bedeutender Vorteil: Durch die breite Ausrichtung kann das Fondsmanagement schnell auf Marktveränderungen reagieren, Risiken minimieren und globale Rendite-Potenziale ausschöpfen.

Auch Aktienfonds erfreuen sich unter Anlegern nach wie vor großer Beliebtheit. Was unterscheidet eigentlich den Aktien-Anleger vom Multi-Asset-Anleger?

Multi-Asset-Anleger unterscheiden sich in der Regel vom typischen Aktien-Anleger durch ein unterschiedliches Rendite-/Risiko-Profil. Aktien-Anleger sind darauf eingestellt, in vollem Maß an den Kursanstiegen und Kursrückgängen des Aktienmarktes teilzuhaben. Multi-Asset-Anlegern ist es hingegen wichtiger, die Kursrückgänge in Ihrem Portfolio zu minimieren. Im Gegenzug dafür sind sie bereit, teilweise auf die Partizipation an steigenden Aktienkursen zu verzichten. Sie gelten somit als risikosensitiver als reine Aktien-Anleger.

Ein Blick auf die aktuelle Marktlage: Erst vor kurzem hat die Fed nochmals ihre lockere Zinspolitik bestätigt. Bewerten Sie diese Entscheidung positiv oder negativ für die Wertentwicklung von Multi-Asset-Fonds?

Grundsätzlich hat die Zurückhaltung der Fed für Unsicherheit im Markt gesorgt. Mit Ihrer Entscheidung, den Leitzins bei 0,25% zu belassen, hat Sie signalisiert, dass die US-Ökonomie und auch die Weltwirtschaft noch nicht stabil genug sind, um einen Zinsanstieg zu verkraften. Sie bekräftigt dadurch, dass weitere Schritte von der internationalen Entwicklung abhängen. Als Folge dessen sind die globalen Aktienmärkte und Anleihen-Renditen gefallen. Auch Multi-Asset-Fonds waren davon negativ betroffen. Andererseits kommt ihnen ihre Flexibilität zu Gute: Die Hinzunahme von Anlageklassen, die eine geringe Korrelation zu den Aktienmärkten aufweisen, stabilisiert Multi-Asset-Fonds in turbulenten Marktphasen und hilft Renditechancen zu nutzen.

Welche weitere Zinspolitik erwarten Sie?

Bis Jahresende erwarten wir ein Auseinanderdriften der Zinspolitik in den USA und Europa. Trotz der Unsicherheit um das globale Wirtschaftswachstum gehen wir noch in diesem Jahr von einer Zinserhöhung der Fed in den USA aus. Gründe dafür sind die positive Wachstumsdynamik und die gute Entwicklung am Arbeitsmarkt in den USA. In Europa hingegen rechnen wir für längere Zeit mit der Beibehaltung der lockeren Geldpolitik. Europa befindet nach wie vor in der Phase der konjunkturellen Erholung. Trotz positiver Signale kann es noch einige Zeit dauern, bis Inflation nachhaltig sichtbar wird und eine geldpolitische Straffung wieder auf die Agenda rückt.

Welche Entwicklung prognostizieren Sie mittel- bis langfristig für Multi-Asset-Produkte und warum? Wo sehen Sie die größten Risikofaktoren?

Wir gehen von einer positiven Entwicklung für Multi-Asset-Produkte aus. Unserer Meinung nach wird die Volatilität an den Kapitalmärkten in der Zukunft bestehen bleiben. Die Eigenschaften von Multi-Asset-Fonds werden deshalb mehr denn je gefragt sein. Ebenso wird die ganzheitliche, lösungsorientierte Ausrichtung der Anlegerportfolios eher zulegen. Als Risiko sehen wir eine überspitzte Erwartungshaltung bei den Anlegern. Auch wenn Multi-Asset-Fonds schnell auf Marktveränderungen reagieren können, sind Verluste insbesondere in fallenden Aktien- und Rentenmärkten nicht auszuschließen. Unverzichtbar ist der Abgleich des Rendite-/Risiko-Profils des Anlegers mit dem Anlageziel des Multi-Asset-Fonds.

Welche Faktoren im Markt sind derzeit für die Wertentwicklung wie auch den Absatz von Multi-Asset-Fonds entscheidend?

Wir sehen drei Marktfaktoren, die momentan für Multi-Asset-Fonds wesentlich sind: das aktuelle Niedrigzinsumfeld am Rentenmarkt, die Volatilität am Aktienmarkt sowie die mangelnde Diversifikation unter den Anlageklassen. Ebenso konnten wir in den vergangenen Wochen beobachten, dass die Wachstumssorgen rund um China in den Fokus der Anleger gerückt sind. Multi-Asset-Fondsmanager werden ihre Produkte gemäß diesen Herausforderungen positionieren müssen, um auch in Zukunft nachhaltige Renditen zu vertretbarem Risiko zu erzielen.

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