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Experteninterview Craig Botham Schwellenländer 2016: „Es zeichnet sich eine Erholung ab“

Craig Botham, Schroders-Volkswirt
Craig Botham, Schroders-Volkswirt
DAS INVESTMENT: Mr. Botham, wann bekommen die Schwellenländer ihre wirtschaftlichen Probleme in den Griff?

Craig Botham: In der Summe zeichnet sich allmählich eine Bodenbildung ab. Allerdings verläuft die Entwicklung von Staat zu Staat unterschiedlich. Das ist heute ganz anders als vor der Finanzkrise, als sich die Emerging Markets noch im Gleichklang bewegten.

DAS INVESTMENT: Als großer Risikofaktor gilt China. Kann das Land ein schwächeres Wachstum verkraften?

Botham: Es muss. China wollte sein BIP bis 2020 um 6,5 Prozent jährlich steigern, um die selbstgesteckten Ziele zu erreichen. Nach unserer Ansicht ist das aber nicht zu schaffen. Die Industrie kämpft mit Überkapazitäten, die Stimmung der Wirtschaftsakteure kühlt sich merklich ab und die Korrektur am Immobilienmarkt ist noch längst nicht ausgestanden.

DAS INVESTMENT: Folgt also demnächst ein Absturz?

Botham: Nein, an eine harte Landung glauben wir andererseits auch nicht. Einige Beobachter behaupten ja, die chinesische Wirtschaft expandiere in Wirklichkeit nur noch um zwei bis drei Prozent. Solche Schätzungen erscheinen überzogen. Schroders erwartet ein BIP-Plus von 6,3 Prozent 2016 und 6,2 Prozent im Jahr darauf.

Das rückläufige Wachstum hat auch positive Seiten. Es trägt dazu bei, dass die Inflation unter Kontrolle bleibt. Damit besteht Spielraum für weitere geldpolitische Lockerungen, den die Notenbank wohl auch nutzen wird. Zudem könnte Peking weitere Ausgabenprogramme starten. Eine Erleichterung stellen außerdem die stark gesunkenen Rohstoffkosten dar.

DAS INVESTMENT: Andere Schwellenländer leiden aber genau hierunter.

Botham: Sicher, aber es gibt auch zahlreiche Profiteure, vor allem in Asien. Vielfach werden die Staatshaushalte sogar entlastet, alleine weil sie weniger Geld für Energiesubventionen in die Hand nehmen müssen. In einer guten Ausgangsposition sehen wir Indien. Nach unserer Einschätzung kann die indische Wirtschaft ihr Wachstum 2016 auf 7,5 Prozent beschleunigen und 2017 noch einmal zulegen. Auch um die Schwellenländer in Osteuropa mache ich mir wenig Sorgen.

DAS INVESTMENT: Wie steht es um Brasilien?

Botham: Dem stark rohstofflastigen Land steht wohl ein weiteres Jahr mit rückläufigem Wachstum bevor. Nach Einschätzung von Schroders wird die brasilianische Wirtschaft 2016 um 2,1 Prozent schrumpfen. Erst 2017 könnte eine Stabilisierung folgen. Wirtschaftsreformen lassen leider auf sich warten. Im Korruptionsskandal um den Ölkonzern Petrobras verstricken sich die Politiker vielmehr in Machtkämpfen. Die Opposition versucht, Präsidentin Dilma Rousseff aus dem Amt zu drängen. Die Inflation bleibt hoch, die Leitzinsen werden 2016 wohl nicht sinken können.

Positiver blicken wir indessen auf das Nachbarland Argentinien. Die angestrebten Reformen werden schmerzhaft sein, sich aber aus langfristiger Sicht lohnen. Investitionen in Argentinien werden wieder interessant.

DAS INVESTMENT: Sollten Anleger um die Schwellenländer also besser einen Bogen machen?

Botham: Nein, denn die schlechten Nachrichten scheinen in den Wertpapierkursen mittlerweile enthalten zu sein. Es zeichnet sich eine Erholung ab, die freilich von einer niedrigen Basis kommt. Das gilt sogar für Russland, dessen Wirtschaft ebenfalls stark von Rohstoffexporten abhängt. Die russische Wirtschaft dürfte sich 2016 stabilisieren und 2017 moderat zulegen.

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