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Expertenrunde: über Sachwerte, Inflation und Volatilität

Roundtable-Gespräch im Restaurant La Baracca in Hamburg.
Roundtable-Gespräch im Restaurant La Baracca in Hamburg.
DAS INVESTMENT: Wagen wir zunächst einen Ausblick – haben wir in einem Jahr noch den Euro?

Andreas Meißner: Eindeutig ja. Vielleicht sind dann nicht alle heutigen Mitglieder mehr mit dabei. Denn was man in zwei Jahren in Griechenland bislang erreicht hat, wird nicht die 20, 30 Jahre kitten können, in denen vorher vieles falsch gelaufen ist. Der Euro wird aber bleiben, weil er in Europa politisch gewollt ist. Ich möchte mir das Gegenteil auch gar nicht wirklich vorstellen müssen.

Matthias Habbel:
Ich glaube sogar, dass auch Griechenland im Euro bleibt. Das kann die Eurozone verkraften. Und die anderen von der Krise stärker betroffenen Länder sind relativ reich. Die Italiener haben im Schnitt ein höheres Pro-Kopf-Vermögen als Deutsche, auch die Spanier sind sehr vermögend. Da wird es eine Umverteilung geben. Als Vermögensverwalter müssen wir aber immer den Worst Case bedenken. Wir haben etwa kanadische Staatsanleihen im Portfolio, um nicht nur im Euro investiert zu sein.

Thomas Acker:
Diversifikation ist alles. Wir müssen für viele Eventualitäten gewappnet sein. Im festverzinslichen Bereich haben wir aber keine Staatsanleihen mehr im Bestand. Wir versuchen über Corporates und die Streuung über Branchen die Risiken einzufangen.

Matthias Steinhauer: Wir setzen auf Sachwerte. Die Kunden sind in dieser Hinsicht sensibilisiert. Im vergangenen Jahr kam eine 90-jährige Neukundin zu uns, die einen Millionenbetrag sicher anlegen wollte und uns deshalb bat, nur in Aktien zu investieren. Die Dame hatte bereits zwei Währungskrisen erlebt. Ein Sachwertbewusstsein in dieser Ausprägung erleben wir allerdings selten. Es wird aber momentan dadurch unterstützt, dass in etlichen Märkten die Dividenden höher sind als die Renditen festverzinslicher Anlagen.

Habbel:
Die Aktie gehört bei der Diversifikation dazu. Doch schwanken die Kurse naturgemäß, und die Volatilität müssen wir in der Vermögensverwaltung eher gering halten und den Kapitalerhalt nach vorn stellen. Wir wissen, wie ängstlich die Kunden reagieren, wenn die Märkte um 20 bis 30 Prozent fallen. Und Risiken haben wir auch bei Unternehmensanleihen. Heute werden dort spekulative Titel gekauft, die man vor 5 Jahren nicht angefasst hätte. Da muss man vorsichtig sein.

Randolph Kempcke:
Die Mandanten in unserem Family Office haben in der Regel rund 50 Prozent im illiquiden Bereich angelegt. Das ist sehr sympathisch in Krisenzeiten, weil diese Werte nicht täglich in der Zeitung dokumentiert werden. Im liquiden Bereich muss der Mandant Schwankungen akzeptieren. Darum führen wir im Vorfeld einer Entscheidung spezielle Stresstests mit dem liquiden Vermögen durch. Dabei simulieren wir das Jahr 2008, wo alle Anlageklassen mit 1 korreliert waren. Mit einer solchen Situation muss der Kunde dann leben können.

DAS INVESTMENT: Wie bewerten Sie die Risiken in Ihren Fonds?


Acker: Wir haben dafür Regeln definiert, die wir strikt einhalten. In unserem Stiftungsfonds etwa ist ein Großteil in festverzinsliche Anlagen mit Ratings oberhalb von BBB investiert, wir dürfen zum Teil aber auch Titel ohne oder mit schlechterem Rating aufnehmen. Dafür sind maximale prozentuale Größen festgeschrieben. Im Aktienbereich handhaben wir es ähnlich. Volatilität ist ja nicht nur Risiko, sondern auch Chance.

Meißner:
Doch wir müssen auch hier über Volatilität aufklären. Der Laie denkt, dass Anlageprofis es ihm ermöglichen, im steigenden Aktienmarkt Gewinne zu erwirtschaften und im fallenden Markt keinerlei Verluste zu erleiden. Das ist ein Marketing- Gag vor allem von Absolute-Return- Fonds.

Diese Produkte werden insbesondere von der Generation Telemedien nachgefragt, die sich mit Asien-Internet- Fonds die Finger verbrannt hat. Diese Gruppe bekommen wir im Augenblick nicht zurück zur Aktie. Klar ist: Die letzte Dekade war für Aktienanleger schmerzhaft, es gab aber viele schöne Beispiele, dass man den Markt nicht verteufeln sollte. Wer 2009 zu uns kam, der steht heute nicht schlecht da, wenn er das Aktienpotenzial genutzt hat.

Acker: Ertrag ohne Risiko gibt es nicht. Das gilt auch für unsere Vermögensverwalter- Fonds. Doch wir geben das Versprechen, Vermögen so zu verwalten, dass es über eine mittelfristige Betrachtung erhalten bleibt, versehen mit einer der Risikoklasse entsprechenden Performance. Wir nehmen dem Kunden die Steuerung der Assetklassen ab. Dabei muss er wissen, dass auch bei Mischfonds Aktien innerhalb einer Quote von 40 und 70 Prozent vertreten sind. Wir bieten also ein Komfortpaket, doch sollte sich der Kunde das jeweilige Konzept genau anschauen.

Kempcke: Wenn wir früher einem Mandanten passende Vermögensverwalter empfehlen sollten, taten wir uns damit schwer. Selbst wenn direkt gebuchte Depots nach identischen Regeln gemanagt werden, gehen sie bei der Wertentwicklung auseinander – was stark von den Personen abhängt, die als Manager agieren.

Seitdem es die vermögensverwaltenden Fonds gibt, hat man Transparenz über deren Anlagestrategie. Das ist für uns als Family Office ein echter Mehrwert. Wir müssen die Fonds erst etwas mühselig nach defensiv, ausgewogen oder offensiv kategorisieren, dann weiß man aber, wer ein guter Vermögensverwalter ist.

DAS INVESTMENT: Wie viele Fonds bleiben bei dieser Auswahl übrig?

Kempcke:
Das sind in jeder Gruppe fünf im Übrigen ausschließlich von unabhängigen Anbietern.

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