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Expertenrunde: über Sachwerte, Inflation und Volatilität

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Meißner: Die Unabhängigkeit ist wichtig für unsere Reputation, an der wir weiter arbeiten müssen. Viele große Anbieter haben lange lediglich irgendwelche Megatrends in Fonds gespielt, dabei ging es ihnen weniger um eine strategische Vermögensverwaltung. Dagegen können wir mit unseren vermögensverwaltenden Fonds punkten. Das ist eine große Chance, weiter an Boden zu gewinnen.

DAS INVESTMENT: Spielt Ihnen die Regulierung dabei in die Karten?

Steinhauer: Nein. Für mich ist sie in erster Linie eine erschreckte Reaktion auf die Lehman-Pleite. Und die derzeitige Regulierung hätte nur ein wenig von der Spitze des Lehman-Eisbergs gekappt. Welche Qualität hat zum Beispiel die Aufklärung, die jetzt gesetzmäßig gefordert ist?

Sie führt zu universellen Textbausteinen, bei denen immer nur ein kleiner Teil geändert wird. Das Potenzial, Fehler zu machen, ist für Kunden nicht kleiner geworden. Unser Geschäft hat sehr viel mit Vertrauen zu tun. Vertrauen kann keine Regulierung schaffen, das kann uns die Politik nicht abnehmen. Ein Risiko gehen Sie auch ein, wenn Sie den falschen Arzt oder Anwalt wählen.

Kempcke: Da stimme ich zu. Die Regulierung schießt am Ziel vorbei. Als Family Office ist es unsere Aufgabe, im Sinne des Mandanten Transparenz zu schaffen, um ihm zu zeigen, welches Risiko er schlimmstenfalls eingeht und welche Kosten mit der Investition verbunden sind.

Wir verbringen heute einen großen Teil des Tages damit, für unsere Mandanten die relevanten Informationen zusammenzustellen – trotz aller möglichen Unterlagen, Fragebögen und Protokolle. Die sind so umfangreich, dass der Mandant oft davon gar nichts mehr liest.

DAS INVESTMENT: Bei der Risikoeinschätzung dürften Berater und Kunde wohl nicht selten auseinanderdriften.

Habbel: Das stimmt, der Kunde wird oft im Beraterinteresse sogar als zu konservativ eingeschätzt. Man muss aber auch den Berater verstehen, der sich absichern will und ebenfalls gut schlafen können möchte. Darum sprechen Berater und Kunde nicht selten eine andere Sprache.

Acker: Wir haben uns wegen des Aufwands aus der Beratung komplett verabschiedet. Wir wollen nicht mehr mit dem Kunden diskutieren, ob wir heute Siemens- Aktien kaufen oder morgen den Fonds x in den Fonds y umtauschen wollen, um dann das Ganze niederschreiben zu müssen, was nur dem Beratungsprotokoll Genüge tut.

Wenn der Kunde diese Spielwiese noch möchte, kann er das außerhalb unserer Vermögensverwaltung über mit uns kooperierenden Banken bekommen. Das Beratungsprotokoll schafft nur eine rechtliche Sicherheit. Der zeitliche Aufwand dafür steht dazu nicht im gesunden Verhältnis.

Meißner:
Die Erlaubnispflicht der Anlageberatung war einer der Ansätze bei der Regulierung, den ich gut fand. Dennoch führt der Aufwand dazu, dass man nicht mehr zum Kern im Beratungsgespräch kommt. Bei KID, PRIPs und anderem kommt es mir so vor, als ob 20 Politiker und 30 Beamte zusammengesessen haben, und jeder musste sich noch mal verwirklichen. Der Kern ist doch, welches Risiko konkret sich der Kunde mit einem Papier einkauft. Mit Pauschaleinschätzungen ist ihm nicht geholfen.

Steinhauer:
Genau. Die Gesetzgebung erfolgte mit dem Ziel des Anlegerschutzes, das Gegenteil ist aber der Effekt. Geschützt sind jetzt die Berater und Anbieter, die ein Schriftstück haben, dass im Zweifel der Kunde über alle Risiken aufgeklärt wurde. Für uns war es aber eine kaufmännische Abwägung, auch in Zukunft für Bestandskunden die Beratung auszuüben.

Große Häuser und Privatbanken bieten dies oftmals nicht mehr an und verlieren viele Kunden. Das konnten und wollten wir uns nicht leisten. Vielfach vertrauen die Kunden ihrem Vermögensberater so stark, dass sie ohnehin das umsetzen, was er ihnen vorschlägt. So wachsen sie nach und nach in die Vermögensverwaltung hinein.

DAS INVESTMENT: Ist es wichtig, illiquide Assets in Fonds einbringen zu können?

Habbel: Nein. Unsere Publikumsfonds sollten immer liquide sein. Da würde eher der geschlossene Fonds als Beimischung passen. Die offenen Immobilienfonds zeigen als Negativbeispiel, was passiert, wenn die Anleger aus einem Fonds nicht mehr herauskommen, weil zu viele auf einmal verkaufen wollten. Das hat diese Branche in den Tod getrieben.

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