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Aktualisiert am 12.09.2017 - 16:32 UhrLesedauer: 9 Minuten

Extra 09/17 Roundtable „Keine Hauruck-Aktionen im Portfolio“

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Aber Marktschwankungen bieten ja auch Chancen. Doch der Regulator sieht die Volatilität nur als Risikofaktor an.

Kultscher: Ganz klar benötigt man aus unserer Sicht ein gewisses Maß an Volatilität, um Erträge erwirtschaften zu können. Wenn sich ein Titel nicht bewegt, ist die Volatilität null – und ich kann nichts verlieren, aber auch nichts gewinnen. Als Risikomaß müsste man also eher eine Art Downsize-Volatilität nehmen. Zudem ist in historischen Kursverläufen oft das Risiko nicht abgebildet. Bei einer Anleihe habe ich vielleicht das Risiko, dass der Schuldner das Geld nicht mehr zurückbezahlt. Dieses Risiko äußert sich aber in der Vergangenheit oft nicht in Form von Kursbewegungen – also in Volatilität. Als aktiver Risikomanager sichern wir die Positionen mit Stop-Loss-Verkäufen ab, um ausschließlich auf bereits eingetretene Verluste in die Position zu gehen. Die Volatilität nutzen wir dabei als Kennzahl, um zu berechnen, wie weit eine Stop-Loss-Marke vom Höchstpreis entfernt sein sollte.

Blaudszun: Aus Sicht des Anlageberaters ist beim Thema Risikodarstellung eher die Underwater-Period oder der Maximum Drawdown interessant. Die Volatilität gibt mir bestenfalls als Anleger das Gefühl, auf was ich mich einstellen muss, also wie viel Minus und Plus es historisch gegeben hat. Nicht-professionelle Anleger haben ja heute schon Gesprächsbedarf, wenn sie mal minus 5 oder 6 Prozent sehen. Dass Schwankungen notwendig sind, damit das Kapital entsprechend wachsen kann, wird gern ausgeblendet. Bei diesem Thema herrscht kontinuierlicher Beratungsbedarf.

Spies: Viele unserer Privatkunden beobachten ihre Depotentwicklung genau und schauen oft täglich in ihr Online-Account rein. Je häufiger ein Kunde sich mit dem Vermögensstand beschäftigt, desto mehr ist er in der Tagesaktualität gefangen. Die täglichen Schwankungen machen diesen Kunden natürlich mehr zu schaffen als Mandanten, die sich nur alle zwei, drei Monate auf den Stand der Dinge bringen. Die nehmen die Volatilität gar nicht so wahr.

Kultscher: Das nennt sich Happiness-Faktor. Negative Erfahrungen werden doppelt so stark gewichtet wie positive. Wenn ich mehrmals täglich in mein Portfolio sehe, steht jeweils die Chance 50 zu 50, dass ich einen Gewinn oder Verlust registriere. Das heißt, ich habe statistisch gleich viele negative und positive Erfahrungen, und doch ist der Kunde unglücklich. Je länger die Abstände werden, in denen der Kunde ins Portfolio sieht, desto häufiger wird er positive Renditen sehen, und der Happiness-Faktor nimmt zu. Das ist die Last, die wir Kunden abnehmen: Wir müssen mehrmals täglich ins Portfolio schauen.

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