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Extreme Ausschläge bei Anleihen Blackrock ändert Risikobemessung

Die Bewegungen am weltweiten Markt für Festverzinsliche sind so stark, dass es fast unmöglich ist, sie anhand historischer Muster zu verstehen. Beispiel Deutschland: Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen ist von 0,049 Prozent im April auf zeitweise ein Prozent in der vergangenen Woche geklettert. Die Bewegung war so ausgeprägt, dass einige Strategen sie mit einem Ereignis verglichen haben, das nur einmal in einer Generation vorkommt.

„Der Markt für deutsche Bundesanleihen ist unkalkulierbar volatil“, sagt Scott Thiel, stellvertretender Investmentchef Festverzinsliche Fundamental bei BlackRock in London. „Es macht keinen Sinn, sie unter traditionellen Aspekten zu bewerten.“

Überall in Europa zerreißen Investoren ihre alten Modelle für die Analyse des globalen Bondmarkts im Volumen von 100 Billionen Dollar. Die Volatilität klettert, da die Geldpolitik der Zentralbanken auseinander driftet, Anzeichen für Inflation aufkommen und neue aufsichtsrechtliche Bestimmungen die großen Banken veranlassen, sich aus ihrer traditionellen Rolle als Mittler bei Käufen und Verkäufe zurückzuziehen.

Die Kursbewegungen haben bei Staatsanleihen weltweit zu Verlusten von 640 Milliarden Dollar seit Ende April geführt. Das weckt Befürchtungen über Ansteckungseffekte angesichts der Explosion des Marktvolumens seit der Finanzkrise. Im Global Broad Market Index von Bank of America Merrill Lynch ist das Anleihevolumen von rund 26 Billionen Dollar Ende 2007 auf mittlerweile über 41 Billionen Dollar angeschwollen. Citigroup hält die Risiken bei europäischen Staatsanleihen jetzt für höher als zur Zeit des Zusammenbruchs der US-Investmentbank Lehman Brothers Holdings im Jahr 2008.

BlackRock testet wie riskant seine Anlagen sind, in dem der Vermögensverwalter „Worst-Case“ Szenarien durchspielt, in denen die Volatilität höher ist und die Korrelation zwischen den Anlageklassen variiert. „Es ist herausfordernd, insbesondere wenn sich die Korrelationen ändern - das ist das Schwierigste“, sagt Thiel.

Die Strategen bei JPMorgan Chase & Co. - weltweite Nummer eins im Konsortialgeschäft mit Anleihen - halten es jetzt für erforderlich, eine „Liquiditätsprämie“ einzurechnen bei erstklassig benoteten europäischen Staatsanleihen mit längerer Laufzeit. Das ist ein neuer Aspekt bei der Bewertung von Benchmark-Wertpapieren, die aufgrund der tiefen Märkte zu den sichersten Anlagen gezählt werden.

Der Ausverkauf „hinterfragt, was der richtige Preis angesichts der derzeitigen Illiquidität in diesen Anlageklassen ist“, sagt Nandini Srivastava, globaler Marktstratege bei JPMorgan in London. Die Schwierigkeiten bei der Bewertung der Risiken „verschärfen das Problem, da manche Investoren sich fragen, ob das wirklich die richtigen Kurse und Renditeniveaus sind.“

Die Strategen der Citigroup empfehlen Investoren ihre Risiken zu bewerten, in dem sie mehr Nachdruck auf die Duration legen - ein Messwert für die Empfindlichkeit bei Zinsveränderungen - und darauf achten, in welchem Volumen sich ein Land verschuldet hat, zusätzlich zur Volatilität, wie Alessandro Tentori, Leiter internationale Zinsstrategie erläutert.

Bei Allianz Global Investors müssen potenzielle Investments Weltuntergangsszenarien durchlaufen, sagt Mauro Vittorangeli, leitender Vermögensverwalter für Festverzinsliche in Paris. So sollen Positionen gefunden werden, die sich halten, auch wenn die Märkte drehen. Allianz Global habe den Einsatz von Optionen erhöht und setze auf eine kurze Duration, um die Volatilität im Griff zu behalten. Zusätzlich werden Bonds aus der Euro- Peripherie gekauft, da die Europäische Zentralbank weiterhin geldpolitische Anreize in die Wirtschaft der Region pumpe.

JPMorgan Asset Management investiert laut David Tan, Leiter Zinsen mit Sitz in London, als Reaktion auf die jüngsten Kursausschläge in kleinere Positionen, um das Risiko zu verringern. Sollte der Ausverkauf anhalten, könnten andere Bereiche im Markt für Festverzinsliche nervös werden und es zu einer „Taper Tantrum ähnlichen Reaktion“ kommen, ergänzte er mit Bezug auf die Reaktion am US-Markt, nachdem die Federal Reserve ihre Anleihekäufe einstellte.

Wenn die Volatilität höher ist, müsse man beim Volumen eines Geschäfts vorsichtiger sein, wolle man nicht auf die Nase fallen, sagt Tan. „Man muss sich bewusst sein, dass es an den Märkten jetzt ein Risiko in zwei Richtungen gibt.“

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