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EZB-Geldpolitik Bis mindestens 2019 bleiben die Schleusen offen

Bei ihrer jüngsten geldpolitischen Sitzung hat die Europäische Zentralbank (EZB) bestätigt, dass sie ab Januar nächsten Jahres beginnen wird, ihre quantitative Lockerung zu drosseln, indem sie ihre monatlichen Käufe von 60 Milliarden Euro auf 30 Milliarden Euro verringert. Doch sind sich die Märkte der Konsequenzen dieses Schritts wirklich voll und ganz bewusst? Wir sind nicht davon überzeugt, dass die Märkte die Konsequenzen dieser Entscheidung in vollem Umfang verstanden haben.

Mit der Entscheidung zur Drosselung sollte die EZB nun Kurs auf eine Normalisierung ihrer Geldpolitik nehmen. Wir erwarten jedoch nicht, dass dieser Weg kurz sein wird. Wir gehen vielmehr davon aus, dass in der Eurozone noch auf längere Zeit mit einer lockeren Geldpolitik und niedrigen Zinsen zu rechnen ist.

Die Eurozone verfolgt damit einen anderen Ansatz als die USA, die ein ähnliches Wachstums- und Inflationsprofil aufweisen. Und ähnlich wie die Eurozone verzeichnen auch die USA extrem niedrige Arbeitslosenquoten.

Dennoch bewegen sich die jeweiligen Zentralbanken in entgegengesetzte Richtungen. Nicht nur, dass die US-Notenbank (Federal Reserve, Fed) ihre Zinsen erhöht und den Umfang ihrer Bilanz verringert, indem sie fällig werdende Papiere nicht erneuert – sie plant nicht zuletzt den Verkauf von Vermögenswerten, um ihre gigantische Bilanz abzuschmelzen.

Eine solche Situation dürfte in Europa noch in weiter Ferne liegen. Wir rechnen damit, dass sich die quantitative Lockerung (QE) in der Eurozone noch bis mindestens 2019 fortsetzen dürfte.

Inflationsrate weit unter dem Ziel

Trotz des Vertrauens in die Stärke der europäischen Wirtschaft halten wir das umsichtige Vorgehen der EZB für richtig. Seit Einleitung ihres QE-Programms im März 2015 hat die Zentralbank Anleihen im Wert von mehr als 2 Billionen Euro gekauft. Unserer Einschätzung nach wird sie sicherstellen wollen, dass sie den Markt mit ihrem Vorgehen nicht aus der Bahn wirft, um ihr jahrelanges Engagement für die konjunkturelle Entwicklung nicht hinfällig werden zu lassen.

Vor allem ist die Inflationsrate im Euroraum noch weit von dem von der EZB vorgegebenen Ziel von 2 Prozent entfernt, sodass wir davon ausgehen, dass die Geldpolitik weiterhin locker bleiben muss. Darüber hinaus haben Draghi und seine EZB-Kollegen zwar genau darauf geachtet, ihre Pläne weit im Voraus zu signalisieren. Sie dürften sich jedoch der Tatsache bewusst sein, dass die Märkte manchmal durchaus aufschrecken, wenn aus Absichten schließlich Realität wird.