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EZB-Treffen Draghi löst Yellen als globalen Risikowächter ab

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Fed-Stil

„Draghi wird präventiv lockern, um die Erholung zu festigen und sich gegen potenzielle Abwärtsrisiken zu stemmen - und nicht etwa, weil sich das Basisszenario für den Ausblick verschlechtert hätte", erklärte Guha, der früher bei der New Yorker Fed tätig war. „Das ist Risikomanagement ganz genau im Stil der Fed."

Die EZB entwirft wie die Fed auch ihre Geldpolitik für die eigene Wirtschaft. Die Währungshüter hatten sich bei ihren jüngsten geldpolitischen Sitzungen aber besorgt gezeigt, in den Sog der Entwicklungen andernorts zu geraten, und wiesen auf das „fragile" internationale Wirtschaftsumfeld und die „besonders hohe" Unsicherheit im Zusammenhang mit China hin.

„Er handelt nicht als Weltbürger, der die richtige Politik verfolgt", sagte Marios Maratheftis, Chefökonom von Standard Chartered. „Er tut das, was für seine eigene Wirtschaft richtig ist."

Das Inflationsziel der EZB von knapp zwei Prozent wurde seit Anfang 2013 nicht mehr erreicht. Preisdaten vom Mittwoch zeigten zudem, dass die Jahresteuerung im November überraschend bei nur 0,1 Prozent verharrte. Die Kerninflation verlangsamte sich. Das stärkt das Argument für weitere Lockerungsschritte, um einen Rückgang der Inflationserwartungen zu verhindern.

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‚Gravitationskraft’


Die EZB dürfte effektiv vorgeben, welche Richtung andere Notenbanken in Europa einschlagen. Da eine lockerere Geldpolitik den Euro gegenüber anderen Währungen schwächt, wie Schweizer Franken, schwedische und dänische Krone, droht den Exporteuren dieser Volkswirtschaften ein Wettbewerbsnachteil - und das könnte eine Reaktion ihrer Zentralbanken nach sich ziehen.

„Je weiter die EZB-Zinsen ins negative Territorium gehen, desto größer ist die auf andere Notenbanken ausgeübte Gravitationskraft", sagte Neville Hill, globaler Co-Chefökonom von Credit Suisse.

Die Fed wird wahrscheinlich in der Minderheit sein. Capital Economics erwartet, dass 58 Prozent der 20 beobachteten Zentralbanken bis Ende 2016 ihre Geldpolitik lockern werden, während 30 Prozent eine Straffung vornehmen. Die People’s Bank of China, Zentralbank der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, wird demnach wahrscheinlich eine Lockerung vornehmen.

Selbst wenn die Fed ihren Straffungszyklus beginnt, wird dieser wahrscheinlich nicht sehr aggressiv ausfallen. Yellen hat ein behutsames Vorgehen zugesagt, solange die US-Inflation schwach bleibt. Citigroup rechnet damit, dass der Fed-Leitzins von derzeit nahe Null bis Ende 2017 auf 1,5 Prozent steigen wird. In den vorigen drei Zyklen hatte die US-Notenbank ihn allein im ersten Jahr um 200 Basispunkte angehoben. Die nächste Offenmarktausschuss-Sitzung findet am 15. und 16. Dezember statt.

„Die monetären Bedingungen sollten in den kommenden Jahren weltweit sehr akkommodierend bleiben", erklärte Ökonom Michael Pearce von Capital Economics.

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