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Aktualisiert am 02.11.2011 - 10:56 Uhrin FinanzboulevardLesedauer: 5 Minuten

Filmemacher Christoph Hochhäusler: „Banker sind wie Hamster in Rädern“

Filmemacher Christoph Hochhäusler (Foto: Holger Albrich)
Filmemacher Christoph Hochhäusler (Foto: Holger Albrich)
Zum Film: Roland Cordes ist Bankchef und frischgebackener „Banker des Jahres“. Er beginnt eine Affäre mit Svenja, der Frau seines Mitarbeiters Oliver Steve. Als der Niederlassungsleiter in Indonesien getötet wird, lässt Cordes Oliver Steve dorthin versetzen.

Der Cannes-Beitrag „Unter dir die Stadt“ zeichnet das Porträt eines Mannes, der es gewohnt ist, sich einfach zu nehmen, was er will. Ruhig erzählt, präzise beobachtet und mit Nicolette Krebitz („Bandits“) und dem Theater-Mimen Robert Hunger-Bühler gut besetzt. Die DVD erscheint voraussichtlich am 4. November.

Fragen an Regisseur Christoph Hochhäusler:

DAS INVESTMENT.com: Der Film zeigt Details aus Beruf und Privatleben in der Bankenszene. Wie haben Sie das recherchiert?

Christoph Hochhäusler: Mein Ko-Autor Ulrich Peltzer und ich haben einschlägige Bücher und Zeitschriften gelesen, Dokumentarfilme gesehen, Fotografien gesammelt, um ein Gefühl für diese Welt zu bekommen. Im zweiten Schritt haben wir mit Insidern gesprochen, von der Sekretärin bis hin zum Vorstandsvorsitzenden einer Großbank in Frankfurt. Alles in allem vielleicht 15 Interviews. Das gehört zu den aufregendsten Seiten des Berufes: einen Grund zu haben, andere Welten zu erforschen, in die man andernfalls nie blicken könnte.

DAS INVESTMENT.com: Hat sich Ihr Bild von dieser Welt durch die Recherche geändert?

Hochhäusler: Natürlich. Die größte Überraschung für uns war, wie irrational das Geschäft betrieben wird, welche Rolle archaische Faktoren in einem Deal zum Beispiel spielen. Wir hatten insgeheim erwartet, dass diese sogenannte Speerspitze des Kapitalismus besonders rational und effizient sei. Das war noch vor der Subprime-Krise.

DAS INVESTMENT.com: Und dann kamen Krise, Verluste und Staatshilfen.

Hochhäusler: Die Bedingungen für die Sozialisierung der Bankenverluste waren viel zu weich. Das ist eine historische Ungerechtigkeit. Von einer sinnvollen internationalen Regulierung der Finanzindustrie kann jedenfalls nicht die Rede sein. Alle dynamischen Systeme, also auch das Marktsystem, brauchen Kontrollen, um nicht zu korrumpieren. Der ehemalige US-Notenbankchef Alan Greenspan und Co haben über Jahrzehnte am Gegenteil gearbeitet. Die Finanzindustrie ist eine geradezu staatsfeindliche Blackbox geworden. Fataler Weise wurden die Rettungsbedingungen von den gleichen Leuten diktiert, die den Wagen zuvor in den Graben gefahren hatten.

DAS INVESTMENT.com: Sie wollten die Finanzwelt retten.

Hochhäusler: Ich bin Filmemacher. Ich kann nur ein schlüssiges Bild entwerfen, eine Metapher finden, mit der man über diese Welt sprechen kann. Eines der Probleme des Finanzmarktes ist, dass brauchbare Modelle fehlen, die beschreiben, was passiert. Die alten Geschichten – ich sage nur: ‚win win‘ – waren ja offensichtlich gefloppt.
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