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in Inflation & DeflationLesedauer: 4 Minuten

Finanzexperten zum Amtsantritt von Donald Trump Hans-Jörg Naumer: „2017 wird ein weiteres Jahr von Multi-Asset“

DAS INVESTMENT.com: Glauben Sie, dass die Fed die drei angekündigten Zinserhöhungen 2017 auch umsetzen wird? Und was würde das für die Aktienmärkte in den USA und Europa bedeuten? 

Hans-Jörg Naumer: Wir sind schon seit einiger Zeit auf drei Zinsschritte eingestellt. Preisentwicklung und US-Arbeitsmarkt geben das her. Die Fed ist deutlich „hinter der Kurve“. Das käme für die Märkte nicht völlig überraschend, wenn es auch für die üblichen Irritationen im zeitlichen Umfeld sorgen dürfte. In Anbetracht der sich durch Trump abzeichnenden Konjunkturstimuli und des Konfrontationskurses, den er mit Fed-Chefin Janet Yellen bereits eingeschlagen hat, will ich nicht ausschließen, dass die Fed sogar etwas forscher vorgehen wird. Das sollte dann für Tage schwacher Aktienkurse sorgen. Halten Konjunktur und Gewinne was sie versprechen, wären das dann Kauftage.

Stichwort US-Konjunktur: Werden Steuersenkungen, Infrastrukturausgaben und Deregulierung die US-Wirtschaft nachhaltig ankurbeln - oder könnten steigende Zinsen und ein immer stärkerer Dollar die US-Wirtschaft eher ausbremsen. Welcher Effekt wird Ihrer Meinung nach überwiegen?

Naumer: Warten wir mal ab, was tatsächlich von Trumps Programm am Ende realisiert wird. Es kommt ja interessanterweise zu einer Zeit, wo es als Konjunkturstimulus überhaupt nicht gebraucht wird. Insgesamt rechne ich damit, dass der „Multiplikator“, mit dem sich Konjunkturprogramme in Wachstum fortsetzen, eher gering bleibt. Trotzdem: Da die US-Wirtschaft sehr stark von der Inlandsnachfrage abhängt, sollte ein aufwertender Dollar diesen wesentlichen Effekt nicht ausbremsen, aber eine höhere Inflation könnte Kaufkraft entziehen.

Trump verspricht Steuersenkungen und will Infrastrukturausgaben hochfahren. Das kann nur zu Lasten einer neuen Staatsverschuldung gehen. Die USA sind schon mit 20 Billionen Dollar im Minus. Kann das Schuldenmachen einfach so weitergehen?

Naumer: Da bin ich selbst sehr gespannt. Im Februar steht der Haushalt an, im März muss über die verfassungsrechtlich verankerte Schuldenobergrenze verhandelt werden. Da dürfte das eine oder andere Projekt auf der Strecke bleiben. Nicht auszuschließen auch, dass Trump sich auf die Bedeutung niedriger Zinsen für die Schuldenfinanzierung besinnt und die Fed zumindest ihren Kurs weiter fahren lässt. Stichwort: „Finanzielle Repression“.

Schon seit dem Trump-Wahlsieg findet eine Rotation am US-Aktienmarkt statt: Anleger schichten von defensiven in zyklische Werte um. Wird dieser Trend anhalten - und sind die goldenen Zeiten für Aktien von Coca-Cola, McDonald's & Co. damit vorbei?

Naumer: Nicht nur Trump, auch die robusten Konjunkturdaten haben diese Rotation gefördert. Dazu kommt, dass die genannten defensiven Werte schon sehr lange die Gunst der Anleger genossen. 2017 wird es da aber noch häufigere Stimmungswechsel geben, deshalb erwarte ich ein Hin und Her zwischen zyklischen und defensiven Titeln.

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Experten haben schon vor Monaten vor einem überbewerteten US-Aktienmarkt gewarnt. Seitdem sind die Kurse weiter gestiegen. Mit Blick auf einen Präsidenten Trump ist sogar eine neue Euphorie gegenüber US-Titeln spürbar. Übersehen Anleger dabei möglicherweise Risiken?

Naumer: Ich habe in der Tat den Verdacht, dass die Trump-Euphorie vor allem von der Liquidität und den Niedrigzinsen getrieben wurde, unterstützt von den Konjunkturdaten. Begründet wurde das dann mit hohen Erwartungen an die versprochenen Fiskalstimuli – die waren aber auch schon vor der Wahl bekannt. Da ist Platz für negative Überraschungen, zum Beispiel weil eine Reihe von Vorschlägen vom US-Kongress verwässert wird. Wichtig ist mit Blick auf die Bewertungen jetzt, dass die Unternehmensgewinne nachkommen. Die Signale sind nicht schlecht.

Auf Trumps Forderungen hin wollen viele Unternehmen, darunter Autobauer, Produktionen vom Ausland in die USA verlagern, um Strafzöllen zu entgehen. Haben die deutschen Auto-Exporteure jetzt etwas zu befürchten oder wäre Panik verfrüht?

Naumer: Die Twitter-Rhetorik bringt Volatilität mit sich. Aber wie meinte schon Helmut Kohl? „Entscheidend ist, was hinten dabei herauskommt.“ Also: Gelassenheit ist angesagt.

Donald Trumps „America-First“-Politik will vor allem die USA schützen – auf Kosten der Interessen anderer Länder, wie es jetzt aussieht. Wird es möglicherweise trotzdem noch einen lachenden Dritten geben, der von der neuen US-Politik profitiert?

Naumer: De-Globalisierung ist insgesamt ein Verlierer-Verlierer-Spiel. Der Welthandelt fördert Wettbewerb und Innovation und hilft über die unterschiedlichen Standortvorteile, die Kosten niedrig zu halten. Gerade wir hier in Deutschland profitieren davon. Besonders die asiatischen Länder könnten sich dazu veranlasst sehen, ihren Handel untereinander weiter auszubauen und nolens-volens die USA, aber auch Europa außen vor zu lassen. Das dürfte Asien helfen, die negativen Effekte zumindest etwas aufzufangen – und die USA und Europa blieben außen vor.

Die Ära Trump könnte einige unerwartete Wendungen nehmen, vermehrte Volatilität scheint programmiert zu sein. Wie können Anleger dieser Unsicherheit begegnen?

Naumer: Unser Schlagwort für das neue Jahr lautet „Volatilität voraus“. Gerade die Geo-Politik, aber teilweise auch die Geldpolitik, dürfte für einige Bewegung an den Kapitalmärkten sorgen. Bei Immobilien muss man heute angestrengt suchen, um noch etwas Rentables zu finden. Rohstoffe dürften zulegen, sind aber besonders schwankungsanfällig. Deshalb sollten zuerst schwankungsarme und doch renditeträchtige Lösungen gesucht werden. „Alternatives“ gehören für mich dazu, vor allem aber Multi-Asset-Lösungen. Ich denke, dass 2017 ein weiteres Jahr von Multi-Asset wird. Der Trend dorthin dürfte sich verfestigen. Der US-Dollar wiederum dürfte u.a. von der auseinander driftenden Geldpolitik profitieren. „Short Duration“ heißt daher meine Empfehlung für das Anleihensegment: In auf US-Dollar lautende Anleihen mit kürzerer Laufzeit gehen. Gerne Unternehmensanleihen dazunehmen. Deren Renditezuschläge einloggen und bis Endfälligkeit halten – das bringt mehr als das Sparbuch.

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