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Finanzmärkte und Notenbanken Darum lohnt sich der Blick auf die Fundamentaldaten

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Der Ausweg: „Deficit Spending“ und „Helicopter Money“

Die Notenbanken verweisen richtigerweise auf die Erfolge ihrer Maßnahmen, auch wenn die Inflationsraten in Japan und der Eurozone weiterhin in der Nähe der Nulllinie liegen. Ohne ihr Eingreifen wäre Japan immer noch tief in der Deflation und die Eurozone vermutlich auf dem Weg dorthin. Der EZB ist es außerdem gelungen, die Liquiditätssituation des Bankensystems zu verbessern und die Finanzströme innerhalb der Eurozone wiederzubeleben.

Trotzdem steigt mit jedem neuen „monetären Experiment“ die Gefahr von „unbeabsichtigten Konsequenzen“, wie wiederum ein Blick nach Japan zeigt: Seitdem die Bank von Japan im Januar erstmals den Notenbankzins auf unter Null gesenkt hat, hat sich der Yen handelsgewichtet um 6 Prozent aufgewertet. Gleichzeitig haben die Aktienkurse nachgegeben und die Gewerkschaften haben ihre ursprüngliche Forderung nach Lohnerhöhungen in der Finanzindustrie fallengelassen – alles Entwicklungen, die nicht gerade für eine Ausdehnung der Negativzinspolitik sprechen.

Im Gegensatz zu EZB und BoJ befindet sich die FED in einer komfortableren Position. Am Arbeitsmarkt herrscht nahezu Vollbeschäftigung, die Inflationserwartungen fallen nicht mehr und auch die tatsächliche Inflationsrate ist seit einigen Monaten wieder auf dem Vormarsch. Einzig das sich verschlechternde weltwirtschaftliche Umfeld (Schwäche in den Schwellenländern, Rohstoffpreisverfall, Nachwirkungen der US-Dollar-Aufwertung in 2014/15) hat die FED bislang von einer deutlicheren Verschärfung ihrer Politik abgehalten. Die Erwartungen liegen deshalb bei „nur“ zwei Leitzinserhöhungen im Laufe des Jahres (vgl. Grafik 1).



„Säkulare Stagnation“ ist in den Unternehmen angekommen

Wenn die Geldpolitik aber allmählich an ihre Grenzen stößt, müssen die nationalen Regierungen ihre Notenbanken unterstützen. Zwar haben nicht alle Staaten, aber zumindest die USA, Deutschland und China, die Möglichkeit (es hapert meist am politischen Willen), durch die Erhöhung von beispielsweise Infrastrukturausgaben, das Wirtschaftswachstum weltweit anzukurbeln und der allgemein grassierenden Investitionszurückhaltung in der Privatwirtschaft entgegenzuwirken. Nachdem das Phänomen der „säkularen Stagnation“ lange Zeit nur in akademischen Kreisen eine Rolle spielte, hat es mittlerweile auch die Chefetagen vieler Unternehmen erreicht und sorgt dort für Zurückhaltung bei den Investitionen. Für die meisten dieser Projekte spielt es nämlich keine Rolle, ob der Zins bei 1 Prozent, 0 Prozent oder -1 Prozent liegt. Entscheidend sind hier vielmehr die längerfristigen Erwartungen an die wirtschaftliche Entwicklung, und diese sind eben bestenfalls verhalten.

Seit Jahren drängen deswegen internationale Organisationen wie der IWF oder die OECD darauf, die Geldpolitik durch eine expansive oder zumindest weniger restriktive Fiskalpolitik zu ergänzen. In Deutschland sind diese Forderungen bislang am entschiedensten zurückgewiesen worden. Allerdings musste die deutsche Regierung in den letzten Monaten gezwungenermaßen mehr Geld für die Bewältigung der Flüchtlingskrise ausgeben, was zu einem kurzfristigen Ausgabenstoß im Inland geführt hat. Der Ruf nach höheren Staatsausgaben sollte aber nicht mit der Forderung nach Beendigung der Haushaltskonsolidierung in Frankreich und Südeuropa verwechselt werden. Dort ist die Staatsverschuldung mittlerweile so hoch, dass eine weitere Ausdehnung eher wachstumshemmend wirkt. In Deutschland und den USA sind aber fiskalische Spielräume sehr wohl vorhanden.

Die Tricks der Notenbanken

Höhere Staatsausgaben wirken deutlich stärker positiv auf Wachstum, Beschäftigung, aber auch Einkommensverteilung (expansive Fiskalpolitik kommt eher Beziehern von Lohneinkommen, expansive Geldpolitik eher den Beziehern von Kapitaleinkommen zugute). Außerdem könnten sie die Notenbanken von dem Einsatz des allseits gefürchteten „Helicopter Money“ abhalten, d.h. der mehr oder weniger offenen Monetisierung der Staatsverschuldung. In diesem Fall gibt die Notenbank dem Staat einen Kredit, z.B. in dem sie Anleihen kauft und im Gegensatz zu den bisherigen QE-Programmen auf deren Rückzahlung verzichtet.

Gerade in Deutschland wecken derartige Maßnahmen Erinnerungen an die Hyperinflation 1923. Zwar ist aktuell schwer vorstellbar, dass die EZB rechtlich in der Lage und auch willens ist, diesen Schritt zu gehen. Gleichzeitig fehlt aber auch ein klares Dementi. Wenn aber weiterhin von fiskalischer Seite keine Unterstützung kommt, zwingt man die Notenbank geradezu, noch unkonventionellere Maßnahmen als schon bislang auszuprobieren, um sich gegen eine drohende Rezession zu stemmen.

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