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Folgen der Türkei-Krise Schwellenländer unter Druck

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Wegen des Lira-Verfalls sorgt sich die EZB um den Euro und europäische Banken. Dass die Türkei-Krise ein systemisches Risiko für europäische Geldhäuser sei, bezweifelt allerdings David Lafferty. Der Chefstratege von Natixis Investment Managers sieht von der Krise in der Türkei keine systemische Gefahr ausgehen. Aber: „Dies ist ein weiterer Gegenwind, den das europäische Bankensystem in einer Zeit, in der das Wachstum eine Pause eingelegt hat, als letztes brauchen kann.“

Aus Sicht BNY-Experte Akoner wird aber die steigende Inflation die Wirtschaft in eine Rezession und damit verbunden möglicherweise in eine Bankenkrise treiben: „Unserer Einschätzung nach sind die türkischen Banken große Sorgenkinder, da sie verstärkt auf ausländische Finanzierung zurückgegriffen haben, um inländische Kredite bereitzustellen. Etwa ein Drittel der Bankkredite erfolgte in Fremdwährungen, die hauptsächlich an Unternehmen vergeben wurden.“ Die Ansteckungsgefahr für europäische Banken hält aber auch Akoner für begrenzt.

„Denn die Beteiligung spanischer Banken in der Türkei liegt bei rund 6 Prozent des spanischen Bruttoinlandprodukts, die von Italien und Frankreich ist noch geringer und jene von Großbritannien und den USA zu vernachlässigen“, urteilt der Experte. Das Kreditausfallrisiko sei zudem auf nur wenige Banken konzentriert: Die spanische BBVA mit rund 14 Prozent der türkischen Kredite und die italienische Unicredit SPA mit rund 4 Prozent sind am stärksten gefährdet. Allerdings seien diese in den europäischen Peripherie-Staaten heimisch, warnt Akoner: „Bei einer Schieflage könnte eine europäische Finanzkrise wieder aufflammen.“

Wirtschaftliche Dominoeffekte sieht Lafferty nicht: „Das Risiko einer Ansteckung der Emerging Markets ist mehr gefühlt als fundamental. Die Türkei hat nur begrenzte Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zu anderen Schwellenländern. Allerdings kann die Marktreaktion das Kind mit dem Bade ausschütten, wie wir es bei anderen fragilen Schwellenländern wie Argentinien und Ungarn sehen, die beide starke Währungsverluste im Zuge des Liraverfalls erlebten.“ Während die Riskoaufschläge für Argentinien stiegen, blieben die für Ungarn stabil.

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Dem stimmt Catechis zu und sieht aktuell sogar einen Einstiegszeitpunkt für Anleger: „Die Probleme der Türkei länderspezifisch und es ist eher unwahrscheinlich, dass daraus echte Probleme für andere Schwellenländer resultieren. Die Bewertungen der Emerging Markets spiegeln dieses allzu negative Szenario zwar bereits wider, US-Bonds, -Aktien und auch der Dollar scheinen die Möglichkeit eines langsameren Wachstums allerdings zu ignorieren. Diese Diskrepanz ist auf Dauer unhaltbar, weshalb wir jetzt einen guten Einstiegszeitpunkt für Schwellenländer erleben dürften – die Türkei natürlich ausgenommen.“

Aber kann die türkische Krise die Industriestaaten beeinflussen und die Zinswende der Fed und das Straffen der EZB-Politik verlangsamen? „Das glaube ich nicht. Wenn die Krise nicht auf das globale Bankensystem übergreift, wird Jay Powell ungerührt bleiben. Und Mario Draghi hat unzählige andere Probleme, mit denen er sich beschäftigen muss, lange bevor eine Verschärfung Mitte des Jahres 2019 auf dem Tisch liegt“, so Catechis.

Ähnlich klingt das Fazit von BNY-Stratege Akoner: „Insgesamt sind wir der Meinung, dass die Probleme, mit denen die Türkei konfrontiert ist, nicht schnell gelöst werden können. Wir erwarten, dass die direkten wirtschaftlichen Auswirkungen auf Europa und andere Schwellenländer begrenzt sein werden.“ Allerdings erhöhe sich damit das Risiko im Umfeld der Schwellenländer, die bereits durch das Wachstum in China, die Handelsunsicherheiten und die globale Liquiditätsverknappung belastet seien.

 

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