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Folgen des EZB-Programms „Crowding-out“ am Markt für europäische Unternehmensanleihen

Ottmar Wolf, Vorstand Wallrich Asset Management
Ottmar Wolf, Vorstand Wallrich Asset Management
Seit neuestem stehen nun also auch Firmenanleihen außerhalb des Bankensektors mit Restlaufzeiten zwischen sechs Monaten und 31 Jahren auf der Ankaufliste der Europäischen Zentralbank. Um in das „Beuteschema“ der Notenbanker zu fallen, muss sich der Emittent in der Euro-Zone befinden und mindestens eine der drei großen Ratingagenturen (S&P, Moody’s und Fitch) ein Investmentgrade-Rating vergeben haben. Neben Käufen am Sekundärmarkt behalten sich die Währungshüter vor, bis zu 70 Prozent einer Emission direkt zu zeichnen.

EZB wird zum Nachfragemonopolisten

Hat schon die Ankündigung des Ankaufprogramms für einen deutlichen Kursanstieg bei entsprechenden Corporate Bonds gesorgt, könnte der Nachfrageboom mit dem tatsächlichen Eintritt der EZB in den Markt durchaus noch etwas anhalten. Aufgrund des Spillover-Effekts gilt dies übrigens nicht nur für die Papiere bonitätsstarker Emittenten, sondern auch für High-Yields. Mittel- bis langfristig wird die Liquidität vieler Schuldverschreibungen und damit auch des gesamten heimischen Marktes für auf Euro lautende Unternehmensanleihen aber erheblich abnehmen. Immer mehr Anleger werden von der EZB ganz oder zumindest teilweise aus dem Markt gedrängt (Crowding-out).

Anzeichen für eine derartige Entwicklung sind bereits bei Euro-Staatsanleihen zu erkennen. Von ihnen wurde im vergangenen Jahr allerdings ein Volumen von 2,39 Billionen Euro begeben, während das der Firmenanleihen bei weniger als einem Zehntel dieses Wertes lag (circa 220 Milliarden Euro). Entsprechend hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Markt austrocknet und sich die Europäische Zentralbank relativ schnell zum Nachfragemonopolisten entwickelt.

Die Tür wird enger, Chancen und Risiken nehmen zu

Abnehmende Liquidität geht in der Regel jedoch mit zunehmender Volatilität einher, da bereits leichte Stimmungsumschwünge das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage aus dem Gleichgewicht bringen können. Das gilt sowohl für einzelne Unternehmen, aber auch für das gesamte Segment. Schon bei leichten Schwächeanzeichen werden viele Investoren versuchen, den Markt durch die deutlich enger gewordene Tür zu verlassen, um es plastisch auszudrücken.

Gleichzeitig werden immer mehr Anleger bestrebt sein, den „rettenden“ Ausgang möglichst frühzeitig zu erreichen, um den anderen Marktteilnehmern zuvorzukommen. Kleinere Anlässe, die bei hoher Liquidität möglicherweise kaum Beachtung finden würden, können in Zukunft deshalb einen deutlichen Renditeanstieg auslösen. Sowohl aus Vorsichtsgründen, als auch im Hinblick auf mögliche Kaufgelegenheiten, die sich im

Rahmen des skizzierten Szenarios früher oder später zwangsläufig ergeben sollten, erscheint es derzeit sinnvoll, bei Rentenmandaten und Rentenfonds eine ausreichend hohe Cashquote zu halten. Diese eröffnet Spielräume, bei wieder etwas attraktiveren Konditionen zu Unrecht unter Druck geratene Papiere zu günstigeren Preisen zu erwerben.

Gleichzeitig bietet es sich an, den Fokus etwas intensiver auf Euro-Bonds von Emittenten zu richten, die außerhalb der Eurozone domiziliert sind. Hier sind die Renditen teilweise deutlich höher und ceteris paribus könnte sich deren Liquidität durch die zunehmende Dominanz der EZB bei heimischen Unternehmensanleihen erhöhen.

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