LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
Aktualisiert am 14.09.2016 - 11:59 Uhrin FondsLesedauer: 5 Minuten

Fondsmanager des Skagen Focus Filip Weintraub: „Meine kleine Tochter sollte verstehen, womit das Unternehmen sein Geld verdient“

Seite 2 / 2


Wie wählen Sie konkret die Unternehmen für Ihr Portfolio aus?

Weintraub: Wir sehen uns die Entwicklung von Unternehmen sehr langfristig an. Normalerweise analysieren wir noch 10 Jahre zurück. Ich scherze oft: Meine 9-jährige Tochter sollte verstehen, was das Unternehmen macht und wie es damit Geld verdient. Es sollten etablierte Geschäftsmodelle sein. Und danach sagt unser Research dann oft noch: Das Unternehmen ist nicht billig genug. Ein gutes Unternehmen bedeutet ja noch nicht, dass es auch ein gutes Investment ist. Das bestimmt der Preis. 99 von 100 Unternehmen sind für uns nicht attraktiv.

Der Großteil meines Jobs ist, wie im Journalismus, Dossiers anzulegen. Die werden wie in einer Bibliothek abgelegt. Wenn dann beispielsweise ein Ereignis wie ein Brexit eintritt und der Preis eines Unternehmens sich bewegt, dann ziehe ich so ein Dossier wieder hervor. Manchmal ist das 10 Jahre später, oft hat schon das Management gewechselt. Dann sehen wir uns noch einmal an, wo das Unternehmen aktuell steht. Allgemein ist es kein glamouröses Geschäft. Wir lesen viel.

Besuchen Sie jedes Unternehmen persönlich und sprechen mit dem Management oder analysieren Sie allein Bilanzen?

Weintraub: Beides, es ist aber nicht immer nötig, das Management zu treffen. Wir sind sehr auf Bilanzen fixiert. Der Investmentprozess ist keine Wissenschaft, sondern eine Kunst - die Kunst des gesunden Menschenverstands. Es ist keine Magie, wir sind keine Picassos. Aber wir schauen aus einem anderen Blickwinkel auf die Dinge. Man fragt sich nicht: Was kann ich heute mal kaufen, sondern versucht zu verstehen, wie die Dinge wirklich funktionieren.

Heute werden ETFs immer populärer. Sehen Sie als aktiver Manager und Stockpicker diesen Trend als eine Bedrohung an?

Weintraub: Ja und nein. ETFs halten sich an Indizes. Ich spreche jetzt nicht über Smart-Beta-ETFs-Produkte. ETFs sind ein passiver und günstiger Weg, in ganze Märkte zu investieren. In manchen Regionen konnten sie ihren Marktanteil in den letzten Jahren vervielfachen. Für mich ist das fantastisch – ich habe weniger Konkurrenz. ETFs verursachen allerdings viel Volatilität.

Meinen Sie, dass ETFs die Märkte beeinflussen?

Weintraub: Ja, das tun sie. Es ist interessant, wie volatil Märkte sogar innerhalb eines Tages inzwischen auf makroökonomische Faktoren reagieren. Das liegt an den großen Mittelbewegungen. Small und Mid Caps bewegen sich nicht in dem Maße. Hier hat man nicht solche schnellen Geldflüsse. ETFs sind ein Produkt, mit dem wir irgendwann noch eine schlimme Bruchlandung erleiden werden.

Weil es vor allem kurzfristig angelegtes Geld ist?

Weintraub: Jedermann denkt, dass die Produkte so liquide sind. In Wirklichkeit sind sie es aber nicht. Denken Sie an die vielen Immobilienfonds, die in letzter Zeit geschlossen haben. Sie haben ihren Kunden Liquidität verkauft, besitzen aber Immobilien. Die kann man nicht täglich verkaufen. Der Kunde denkt, er ist liquide. Bloß: Wenn alle Verkaufsorder geben – wer soll da kaufen?

Es ist nur eine Frage der Zeit, bevor dieses Problem in irgendeinem Subsektor zuerst zutage tritt. Unglücklicherweise werden die Kunden das Problem dann zu spät erkannt haben.

Man muss die Menschen sensibilisieren, genau zu hinterfragen, was sie da kaufen, wenn sie in ETFs investieren. Besonders in Deutschland gibt es auch viele synthetische ETFs. Da besitzt man die zugrunde liegenden Unternehmen nicht einmal real. Man hält nur Derivate.

Aber natürlich: ETFs sind günstig – günstiger als ich es bin. Das Produkt hat eine Funktion. Das ist in Ordnung. Ich werde mich nicht darüber beschweren, wie die Welt nun einmal funktioniert.

Filip Weintraub: „Möglicherweise haben die Briten Europa einen Gefallen getan“ >>

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen
Tipps der Redaktion