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„Früher oder später kommt es zum Schuldenerlass für Griechenland“

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Heute ist das Gedächtnis der Gläubiger sicher nicht mehr so langlebig. Aber zehn Jahre wird das Land sicher ohne Mittelaufnahmen von außen auskommen müssen. Der deutsche Finanzminister hält es auch haushaltsrechtlich für fragwürdig, einem Land Geld zu geben, das vorher Bankrott angemeldet hat. Genau das scheint freilich der IWF im Kopf zu haben.  

Viertens ist es wichtig, dass sich alle großen Gläubiger an dem Schuldenerlass beteiligen (sonst bleibt zu viel an Restschulden). Der IWF hat aber schon angekündigt, dass er sich in keinem Fall an einer solchen Aktion beteiligen würde. Die EZB, ebenfalls ein großer Gläubiger Griechenlands, fürchtet, ein Verzicht auf ihre Forderungen gegen Griechenland könnte als verdeckte Staatsfinanzierung verstanden werden, die der EZB explizit verboten ist.  

Fünftens sollte man einen Schuldenschnitt – wenn man sich dazu entschließt – möglichst früh machen. Dann sind noch nicht so viele Zahlungen aufgelaufen und der Erlass wird nicht so teuer. Auf der anderen Seite haben die Gläubiger im Fall Griechenlands heute noch nicht so viel Vertrauen, dass Athen nach dem Schnitt dann auch wirklich die Konsolidierung und die Reformen weiterführt. Sie fürchten, dass das Land dann doch in absehbarer Zeit wieder auf der Matte stehen wird und neues Geld braucht.  

Sechstens schließlich sind die Erfahrungen mit Schuldenschnitten in der Vergangenheit nicht so, dass man unbedingt dafür plädieren müsste. Nach dem Schuldenerlass durch die Privaten (dem PSI) stiegen die griechischen Schulden munter weiter. Viele Entwicklungsländer, denen in der Vergangenheit die Schulden erlassen wurden, haben danach wieder neue aufgebaut.

Umgekehrt hat der Schuldenerlass für Deutschland dem Aufschwung in den 50er Jahren geholfen.  Es ist schwer, aus diesen Argumenten ein Fazit zu  ziehen. Die perfekte Lösung ist ein Schuldenschnitt sicher nicht. Er ist mit vielen Risiken verbunden.

Andererseits ist er aber wohl auch nicht immer zu vermeiden. Griechenland wird die Bürde so hoher Staatsschulden nicht auf Dauer tragen können. Nach der Krise muss  es einen Neuanfang geben.   

Für den Anleger

Ich vermute, dass es früher oder später für Griechenland (und vielleicht auch andere) einen Schuldenerlass geben wird. Das kann auf die offiziellen Schuldner beschränkt bleiben, es kann aber auch noch einmal die Privaten treffen (die immer noch 100 Milliarden Euro Forderungen haben).

Es ist auch nicht auszuschließen, dass ein Schuldenschnitt im Euroraum Schule macht (Portugal hat schon einmal die Hand gehoben). Seien Sie daher vorsichtig mit Anleihekäufen im Euroraum. Man kann zwar viel verdienen, es kann aber auch noch etwas passieren.   

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