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GAM-Fondsmanager Ernst Glanzmann „Die Vorurteile gegenüber Japan sind unberechtigt“

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(Mangelnde) Innovation

Die angeblich geringe Innovationskraft Japans ist ein neueres Phänomen. Es stimmt zwar, dass es einige frühere Konsumgüterriesen in Japan nicht geschafft haben, sich an das digitale Zeitalter anzupassen. Doch Innovation kann man der Gesellschaft nicht absprechen. Die japanische Infrastruktur ist beispiellos, insbesondere im Verkehr: Der weltweit erste Hochgeschwindigkeitszug reduzierte ab 1964 die fast siebenstündige Fahrt zwischen Tokio und Osaka um fast drei Stunden. Sein Nachfolger verringerte die Fahrzeit erneut deutlich, und die für 2027 geplante neue Maglev-Verbindung kürzt die Fahrzeit auf etwa eine Stunde.

Auch bei der Innovation in der Robotertechnologie war Japan von Anfang an ganz vorne mit dabei. Die Entwicklung der Robotertechnik könnte dem Land möglicherweise helfen, die schwierige demographische Situation zu bewältigen. 2003 wurde an der Universität Osaka mit dem DER 01 der erste wirklich menschenähnliche Roboter vorgestellt, und im Sommer 2015 wurde in Nagasaki ein Hotel eröffnet, dessen Personal fast ausschließlich aus Robotern besteht.

Die japanische Sparsamkeitskultur wird also zu Unrecht als Hindernis für die Innovation dargestellt. Zwar können Stabilität und Loyalität zum Unternehmen tatsächlich stören, allerdings waren die japanischen Investitionen in Forschung und Entwicklung konstant höher als in fast allen anderen Industrienationen.

Die Bewertungen

Eine weitere ermutigende Entwicklung sind die kontinuierlichen – wenn auch gemächlichen – Fortschritte der japanischen Unternehmen bei der Verbesserung der Corporate Governance. Es zeigen sich erste Ergebnisse der Unternehmen in Bezug auf die Verbesserung der Eigenkapitalrendite: Diese sollte für das Geschäftsjahr 2017 erstmals über 10 Prozent liegen. Viele Unternehmen streben danach, durch eine Kombination aus nachhaltigen Dividendenzahlungen und opportunistischen Aktienrückkäufen den Shareholder Value zu erhöhen. Und trotz der mäßigen BIP-Zahlen stagnieren japanische Unternehmen nicht – im Gegenteil: sie steigern ihre Gewinne je Aktie pro Jahr um durchschnittlich 7 Prozent bis 8 Prozent. Noch müssen diese Entwicklungen in die Aktienkurse einfließen – die Bewertungen sind mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 12,9 auf Basis der erwarteten Gewinne immer noch attraktiv.

Die Chancen

Der Investment Case Japan ist derzeit auf mikroökonomischer Ebene spannend, wo geschickte Stockpicker erfolgreiche Nischenakteure entdecken können, die ein nachhaltiges Gewinnwachstum zu angemessenen Kursen bieten. Sobald die Bevölkerung einen Teil ihrer Ersparnisse für aufgeschobene Konsumausgaben aufwendet, könnte die Aussicht für die Rentabilität der Unternehmen höchst interessant werden. Wir sind der Meinung, dass die genannten Vorbehalte gegen Japan überschätzt sind und kein Hindernis für ein Investment in japanische Aktien darstellen. Sobald Anleger das erkennen, könnte dies eine Welle der Kapitalzuflüsse und einen signifikanten Bewertungsschub anstoßen.

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