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Gastbeitrag: Taugt die Sharpe Ratio zur Beurteilung von Fonds?

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Ein flexibler vermögensverwaltender Fonds war in der Zeit von Mitte 2003 bis Mitte 2007 mehr oder weniger als reiner Aktienfonds unterwegs und hatte dementsprechend Mitte 2007 auch eine aktienfondsähnliche Sharpe Ratio vorzuweisen. Dass der Fonds tatsächlich aufgrund seines Konzeptes ein ungleich besseres Chance/Risiko-Profil als ein Aktienfonds hatte, konnte zu diesem Zeitpunkt mittels Ranking nach Sharpe Ratio nicht festgestellt werden.

Als Aktienfonds bei sich gleichzeitig steigernder Volatilität abstürzten und der vermögensverwaltende Fonds sich praktisch in einen Geldmarktfonds verwandelte, driftete die Sharpe Ratio von Monat zu Monat mehr auseinander. Im Ranking nach der Sharpe Ratio wurde die Stärke des vermögensverwaltenden Fonds mit Erreichen des Tiefstpunktes der Krise am deutlichsten, als der vermögensverwaltende Fonds mit einer ansprechend hohen Sharpe Ratio sich vom Aktienfonds mit einer – unsinnigen – negativen Sharpe Ratio weit entfernt hatte.

Für Privatanleger lassen sich alle auf der Volatilität aufbauenden Kennzahlen (neben der Sharpe Ratio weitere Kennzahlen wie die Treynor Ratio oder die Information Ratio) sowieso kaum verwerten, weil der Anleger Volatilität in steigenden Märkten ja wohl kaum als Risiko wahrnimmt. Seine Risikowahrnehmung beschränkt sich auf hohe temporäre Verluste (Drawdown) und lange Phasen, um einen einstigen Höchststand wieder zu erreichen (Under-water-Periode). Letztere kann man auch als Leidensphase bezeichnen, da Anleger nun einmal darunter leiden, wenn sie in ihr Depot schauen und dort einen geringeren als einen zuvor erreichten Wert sehen. Unter diesen beiden Phänomenen leidet der Anleger und die damit erwirtschaftete Performance ist sein Schmerzensgeld. Was liegt also näher als die Frage zu untersuchen, ob das Schmerzensgeld in angemessener Höhe „vergütet“ wurde?

Unter diesem Aspekt wurde die Torment Ratio entwickelt, die die einfache Beziehung zwischen erzieltem Wertzuwachs und den beiden Leidenselementen herstellt. Torment ist das englische Wort für „gefühlsmäßiges Leiden“, womit die neue Kennzahl den Nagel auf den Kopf trifft.

Anhand der Torment Ratio hätte man bereits für den ersten Drei-Jahres-Zeitraum der Grafik festgestellt, dass sowohl der maximale Drawdown als auch die längste Leidensphase deutlich geringer ausgefallen sind als beim Aktienfonds. Der Lohn wäre auch in dieser Phase bereits eine höhere Torment Ratio gewesen. Aber natürlich wird auch die Torment Ratio bei Betrachtung von Zeiträumen, die stark fallende Märkte beinhalten, aussagefähiger. Und natürlich gilt auch für die Torment Ratio, was für alle Kennzahlen generell gilt: Vergangenheitsergebnisse bieten  keinerlei Gewähr für zukünftige Entwicklungen. Wunder sollte man also auch von einer solchen Kennzahl nicht erwarten. Fondsselektion per Ranking funktioniert nicht. Hier ist Sachverstand und – aus Sicht des Anlegers – versierte Beratung nach wie vor gefragt.

Verfolgen Sie den Expertendialog.

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