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Georg Graf von Wallwitz zu US-Wahlen Wie viel Schaden kann Trump anrichten?

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Die Wahlen und die langfristigen Folgen

Es gibt aber auch noch eine mindestens gleichberechtigte Interpretation, welche die langfristigen Folgen betrifft. Demnach haben die Völker keine Lust mehr auf den rationalen und effizienten modernen Verwaltungsstaat westlicher Prägung.

Auch das beschreibt Tocqueville: „In unserer Zeit haben alle Regierungen Europas die Kunst der Verwaltung wunderbar vervollkommnet; sie leisten mehr und tun alles geregelter, rascher und billiger; es ist, als würden sie fortwährend um das Wissen reicher, das sie den Einzelnen weggenommen haben.“

Die Menschen werden von anonymen Bürokratien gegängelt, die heute irgendwo in Washington beziehungsweise Brüssel sitzen, und nur noch auf die globalisierten Eliten und deren Interessen hören. Sie haben keine Lust mehr auf eine Gleichmacherei im Namen der politischen Korrektheit, sie empfinden es als Despotismus, wenn sie gedrängt werden, „unmerklich und gleichsam unwissentlich … täglich einige weitere Teile ihrer persönlichen Unabhängigkeit zu opfern.“

Demokratie geht mit der Tendenz zur Bürokratisierung einher – das wusste auch Max Weber. Die Menschen wollen diese Effizienz aber nur, solange sie ihnen auch etwas bringt. Wenn der Wohlstand nicht mehr steigt – und so ist es bei großen Teilen der Bevölkerung, dann halten sie es lieber mit dem, was ihnen nah ist, was sie lieben und schätzen können. Dazu gehören die Institutionen einer globalisierten Welt aber nicht.

Putin, Erdogan und Trump – Wahlerfolge für starke Männer

Wer sich als Opfer einer bedrohlichen Entwicklung sieht, besinnt sich zurück auf Religion, Nation und Rasse. Das Resultat sind Wahlerfolge für starke Männer (Putin, Erdogan, Trump), welche das Selbstwertgefühl der Menschen steigern. Diese Tendenz hat die ganze Welt erfasst und könnte eines Tages auch Institutionen wie die Europäische Union in ihrer Existenz bedrohen. In diesem Umfeld siegt der Wutbürger über den Technokraten. Wenn wir die Erlösung nicht mehr im steigenden Wohlstand finden können, dann eben in der Religion. Wenn uns Einwanderer nicht reicher machen, sondern unsere sozialen Systeme belasten, dann wollen wir sie auch nicht haben.

Eine national ausgerichtete Politik wird uns alle nicht wohlhabender machen, sondern im Gegenteil, ärmer. Aber die Menschen werden eine Weile lang glücklicher sein. Jedenfalls machen sie in Russland oder der Türkei wenig Anstalten, mit Regierungen unzufrieden zu sein, die erhebliche Wohlstandsverluste herbeigeführt haben.

Die Auswirkungen: Große Brocken oder doch nur Sand

Für die Unternehmen könnte das eine schleichende Erosion der Gewinne bedeuten, das ist schlecht für die Aktien. Zölle und Kleinstaaterei bedeuten mehr Inflation, das ist schlecht für die Anleihen. Soll der Anleger also Cash halten? Aber welche ist die am wenigsten grauenvolle (Dollar, Pfund, Euro, Yen, Rubel) oder überbewertet (Schweizer Franken, Norwegische Krone)? Dasselbe gilt für Gold und Immobilien.

Für Anleger bleibt also der Rat, kurzfristig die Nerven zu behalten und zu sehen, wie die Dinge sich tatsächlich entwickeln, in den USA und in der EU. Die langfristige Tendenz zu weniger Offenheit und weniger Effizienz, hin zu mehr Nation und mehr Religion sind aber für keine Anlageklasse gut. Es wird mehr Sand im Getriebe aller Märkte geben. Ob es nur Sand ist, oder ob es Brocken sind, wird erst die Zeit erweisen.

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