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Geschlossene Fonds: Das Reste-Risiko

Sichere Landung ungewiss: Wie beim Bungee-Springen müssen<br>sich Emissionshäuser mit dem Restrisiko oder genaugenommen<br>mit dem Reste-Risiko auseinandersetzen. Das ist jedoch ungleich<br>höher, als dass ein Bungee-Seil reißt. Quelle: Fotolia
Sichere Landung ungewiss: Wie beim Bungee-Springen müssen
sich Emissionshäuser mit dem Restrisiko oder genaugenommen
mit dem Reste-Risiko auseinandersetzen. Das ist jedoch ungleich
höher, als dass ein Bungee-Seil reißt. Quelle: Fotolia
Über 20 Milliarden Euro platziertes Fondsvolumen, davon mehr als 10 Milliarden platziertes Eigenkapital – stolze Zahlen, an denen sich die geschlossene Fondsbranche noch bis ins Jahr 2007 hinein erfreute. Seitdem ist der Absatz geschlossener Fonds im Markt etwa um die Hälfte geschrumpft, obwohl die Zahl der Beteiligungsangebote kaum abgenommen hat. Das bleibt nicht ohne Folgen. „Banken geben keine Platzierungsgarantien mehr ab, das Thema ist wohl endgültig erledigt“, sagt Torsten Teichert, Vorstand von Lloyd Fonds.

In den früheren Boom-Zeiten war es kaum von Belang, wenn ein Fonds in kurzer Zeit nicht ausplatziert wurde, denn die Anbieter konnten den Verzug bequem zwischenfinanzieren und hatten so Zeit für die Vollplatzierung. Heute stehen die nicht vermittelten Anteile geschlossener Fonds in den Büchern der Emissionshäuser und müssen voll mit Eigenkapital unterlegt werden.

„Wenn die Auszahlung des Fonds bei 6 Prozent liegt und die Eigenkapitalkosten 12 Prozent betragen, kostet dies das Emissionshaus jedes Jahr 6 Prozent des nicht platzierten Fondsvolumens“, rechnet Heiko- T. Taudien vor. Laut dem Inhaber der Dr. Taudien & Collegen Sozietät für Vermögensverwaltung in Hamburg hat kein einziger Anbieter den Preis für dieses Risiko real in seine Produkte eingepreist.

Hesse Newman etwa rechnet im aktuellen Brüssel-Immobilienfonds mit 14 Prozent Weichkosten, 9 Prozent davon als Vertriebsvergütung und 5 Prozent für das Emissionshaus. Die letztgenannte Größe besteht aus 2 Prozent Konzeptionsgebühr, 2 Prozent Fremdfinanzierungsvermittlung und 1 Prozent Gebühr für die Platzierungsgarantie. „Dieses eine Prozent spiegelt das tatsächliche Risiko, den Fonds nicht auszuplatzieren, nicht wider“, bestätigt Marc Drießen, Vertriebsvorstand bei Hesse Newman.

Risiko wird nicht eingepreist

Taudiens Modellrechnung nach (siehe Kasten) müssten unter diversen Basis-Annahmen etwa 7 Prozent dafür veranschlagt werden. „Eine realistische Vergütung für das Platzierungsrisiko triebe die Weichkosten auf weit über 20 Prozent, damit wäre der Fonds schon aus ethischen Gesichtspunkten nicht mehr vermittelbar“, so Drießen.



„Solange die Emissionshäuser stets 100 Prozent am Markt platzieren konnten, war das kein Problem“, ergänzt Taudien. Davon könne aber heute niemand mehr ausgehen.

Zumal weitere Risikofaktoren noch gar nicht in der Rechnung enthalten sind. „Berücksichtigt ist nur die Differenz zwischen Eigenkapitalkosten und Ertrag aus dem Fonds. Das Risiko, dass die Immobilie im Wert sinken kann und damit auf die durch den Initator erfüllte Garantie das eingesetzte Eigenkapital nicht zu 100 Prozent zurückgeführt wird, ist nicht berücksichtigt“, weiß Drießen. Vor allem banknahe Emissionshäuser, die besonders auf den Value-at-Risk-Ansatz zu achten haben, haben sich bereits in den vergangenen Jahren aus dem Markt  zurückgezogen.

An einer anderen Stellschraube zu drehen, nämlich die Vertriebsvergütung herunterzufahren, sehen viele Emissionshäuser indes nicht als gangbaren Weg. „Sinkt die Provision, haben viele freie Vermittler keine Anreize mehr, einen geschlossenen Fonds statt eines offenen Fonds der gleichen Asset-Klasse zu vermitteln“, erklärt Vermögensverwalter Taudien, der in den vergangenen Jahren kaum Druck auf die Vertriebsprovisionen wahrgenommen hat.

Dennoch, die Frage bleibt: Ist die Rendite, die Initiatoren für den Anleger kalkulieren, angesichts des Haftungsrisikos noch realistisch? Lloyd-Fonds-Vorstand Teichert rechnet fest damit, dass es zu Veränderungen im Markt kommt.
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