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in Fintechs & DigitalisierungLesedauer: 7 Minuten

Ginmon-Gründer Lars Reiner im Interview „Wir sind keine Konkurrenz zu Anlageberatern – eher zu Fondsmanagern“

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Wie hoch ist die mittlere Anlagesumme bei Ihnen?

Reiner: Sie liegt im mittleren fünfstelligen Bereich. Einige Kunden haben aber auch Millionenbeträge bei uns liegen.

Sie haben keine Untergrenze für Anlagen bei Ginmon definiert. Verdienen Sie auch an kleineren Anlagebeträgen?

Reiner: Natürlich haben wir von kleinere Kunden weniger. Unser Modell ist aber so ausgelegt, dass es zu 100 Prozent skalierbar ist. Aufgrund der hohen Automatisierung können wir es uns im Gegensatz zu klassischen Anbietern auch leisten, kleinere Kunden zu bedienen. Wir wollen die Hürde niedrig ansetzen. Wir sehen allerdings, dass viele, die mit einem niedrigen Betrag einsteigen, diesen schnell aufstocken. Der Kunde sieht, dass das rentabler ist als das Geld auf dem Konto zu lassen. So schichtet er seine Anlagen von Festgeld und Tagesgeldkonten in den Kapitalmarkt um, wo es langfristig angelegt ist.

Eine Kritik an automatisierten Anlagelösungen ist, dass ein Robo Adviser Kunden nicht so individuell betreuen kann wie ein klassischer Berater.

Reiner: An manchen Stellen sind wir viel individueller als ein klassischer Berater, an anderen weniger. Zum Beispiel sind wir nicht der richtige Ansprechpartner für Hausfinanzierung. Wir beantworten die Fragen, wie der Kunde einen Geldbetrag langfristig sinnvoll anlegen kann. Aber selbst bei einer Vermögensverwaltung bekommt der Kunde oft ein sehr standardisiertes Angebot auf Basis einiger Hausfonds. Zur Asset Allocation wird dann der Kunde in eine Schublade geschoben: Ist er eher konservativ oder eher offensiv. Wir dagegen können das Risiko der Kunden viel feinstufiger einordnen und auch die Asset Allocation viel feiner an den Kunden anpassen. Er hat uns im Vorfeld ja auf verschiedene risikorelevante Fragen geantwortet. Danach wird entschieden, wie wir das Kapital auf verschiedene Anlageklassen verteilen.

Worin investiert ein Anleger bei Ginmon genau?

Reiner: Wir filtern ein großes Universum von über 1500 Indexfonds und ETFs und legen dabei strenge Kriterien an: Streut der Fonds breit genug, ist er physisch replizierend, ist er steueroptimal, nicht ausländisch thesaurierend und so weiter. Am Schluss bleiben etwa 100 Produkte übrig. Aus diesen bauen wir Portfolien zusammen, die dem Risikoprofil des Kunden entsprechen.

Bleibt Ihre Allokation dann immer statisch - also bleibt beispielsweise der Anteil an Schwellenländern im Portfolio, wenn er einmal festgelegt wurde, immer gleich?

Reiner: Wir schichten immer so um, dass das Risiko konstant bleibt. In eine Assetklasse, die im Wert gefallen ist, wird relativ mehr investiert. So einen unemotionalen Ansatz kann ein Algorithmus viel besser umsetzen, als ein Fondsmanager das könnte.

Wer hat diesen Algorithmus programmiert?

Reiner: Unser Gründerteam und das Product Development zusammen mit der IT. Die Hälfte unseres gesamten Teams sind Software-Entwickler. In vielen Bereichen arbeiten wir mit sehr modernen Standards, die aus der Königsklasse der Softwareentwicklung stammen, aus dem Silicon Valley. Vieles geht bei uns schneller als in der etablierten Industrie.

Wieso?

Reiner: Ich habe selbst IT-Projekte bei der Bank begleitet und weiß, wie schwer das bei einem großen Konzern ist. Man verbrennt viel Geld und erreicht wenig, weil die bestehenden Systeme kompliziert sind. Es ist kaum möglich, etwas Innovatives draufzusatteln. Kleinste Änderungen vorzunehmen bedeutet immer gleich Mammutprojekte. Daher haben wir uns entschieden, uns selbstständig zu machen und das Ganze als Start-up aufzuziehen.

Hatten Sie denn ursprünglich geplant, digitale Anlagelösungen innerhalb der Bank voranzutreiben?

Reiner: Das hatten wir durchaus angedacht. Ich habe aber gesehen, dass in der Bank die Widerstände zu groß waren. Sowohl der klassische Vertrieb in der Fläche als auch das Fondsmanagement wollen den Bereich gern kleinhalten. Das ist sicherlich auch der Grund, warum in dem Bereich im Bankenumfeld bis jetzt noch kaum Brauchbares zu finden ist. Und selbst wenn man es wollte, selbst wenn der Vorstand komplett dahinterstehen würde, würde es bei einer Bank trotzdem noch fünf Jahre dauern.

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