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Global Central Bank Focus „Die Angebotsökonomik à la Yellen verliert allmählich die Kontrolle über die Märkte“

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Angebotsökonomik à la Yellen verliert allmählich Kontrolle über die Märkte

Die jüngste US-Dollar-Rally zeigt sehr deutlich, dass die Bemühungen der Fed nach der Krise, Einfluss auf die Kurse am Markt zu nehmen, nun traditionelleren Einflüssen weichen, insbesondere Konjunkturdaten und zugrunde liegenden wirtschaftlichen Fundamentaldaten. Seit fast acht Jahren versucht die Fed durch ihren Ankauf von Anleihen und ihre Nullzinspolitik, die Märkte an mehreren Fronten zu beeinflussen, indem sie zukunftsgerichtete Zinserwartungen reduziert, die Zinsvolatilität abbaut und Anleger dazu bewegt, sich weiter in das Risikospektrum vorzuwagen. Mittlerweile sind die gesamten Fortschritte zu sehen, die erreicht wurden und die Konjunkturschwäche eindämmen und vor allem die Menschen wieder in Arbeit bringen sollen. Deshalb kann die Fed Anleger nicht länger auf Dauer davon abbringen, eine letztendliche Zinserhöhung einzupreisen. Bislang zeigt sich dies hauptsächlich im Wert des US-Dollars, bei dem eine geldpolitische Kursabweichung in den USA im Verhältnis zu Europa und Japan hervorsticht. Denn während sich die Fed anschickt, die Zinsen zu erhöhen, setzen die Europäische Zentralbank und die Bank von Japan ihre Lockerungspolitik weiter fort und sind von eigenen Zinserhöhungen Jahre entfernt.

Der Höhenflug des Dollars deutet darauf hin, dass sich die US-Wirtschaft nach Einschätzung der Marktteilnehmer der Vollbeschäftigung nähert. In den Augen der Fed ist Vollbeschäftigung bei einer Arbeitslosenquote zwischen 5,0 Prozent und 5,2 Prozent erreicht (siehe ebenfalls Abbildung 1). Mit anderen Worten: Die Kurse an den Märkten werden zunehmend von den Fundamentaldaten angetrieben – und nicht von den Worten der Fed. Die Ära, in der die Fed mit ihrer Forward Guidance wesentliche kurzfristige Orientierungshilfen für die weitere Entwicklung gab, ist vorbei. Sie hat Platz gemacht für Wirtschaftsdaten, und jetzt ist jede Fed-Sitzung „live“.

Wenn die Unterauslastung des Arbeitsmarktes weiter zurückgeht, wird auch die Fähigkeit der Fed, die Marktkurse zu kontrollieren, abnehmen. Denn die Märkte erwarten, dass die Fed ihren Notleitzins beendet. Dies wird eher der wesentliche Treiber für die Marktkurse sein als ihre Forward Guidance. Dies steht im Gegensatz zu den Jahren zuvor, in denen die Fed Anleger mit dem Argument, dass die Löhne und somit die Inflation durch ein riesiges Angebot an ungenutzten Arbeitskräften niedrig gehalten würden, ganz einfach davon überzeugen konnte, dass sie an ihrem Leitzins von null Prozent festhält. Nun, da die Arbeitslosenquote bei relativ niedrigen 5,5 Prozent liegt, verliert dieses Argument als Faktor bei der Gestaltung der Marktkurse zunehmend an Überzeugungskraft.

Die Yellenomics – oder anders ausgedrückt, der geldpolitische Rahmen der Yellen-Ära, der das Angebotsargument als Beweggrund für die Aufrechterhaltung einer außerordentlich akkommodierenden Haltung in der Geldpolitik heranzieht – ist langsam aber sicher auf dem Rückzug, weil sich die Debatte über das Angebot auf dem Arbeitsmarkt von einem offensichtlichen Überfluss zu einem weniger offensichtlichen verlagert. Die US-Arbeitslosenquote ist das überzeugendste Beispiel, auch wenn dieser Indikator gewisse Mängel aufweist (siehe Abbildung 4).