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Aktualisiert am 07.02.2020 - 16:09 Uhrin MärkteLesedauer: 8 Minuten

Globaler Ausblick 2015 von Edmond de Rothschild Der Dominoeffekt der US-amerikanischen Wirtschaft

Nach vier relativ stabilen Jahren dürfte der Sturz des Ölpreises den Konsum der Energie importierenden Länder 2015 fördern. In Industrie- und Schwellenländern werden die Energiekosten für Verbraucher sinken. Von der kleinen Anzahl ölproduzierender Länder, die vom Einbruch des Ölpreises überhaupt betroffen sind, verfügen die meisten, mit Ausnahme von Russland und Nigeria, über erhebliche finanzielle Reserven, so dass die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen des entgangenen Umsatzes als eher gering einzuschätzen sind.

Einerseits ist die Nachfrage zurückgegangen, andererseits ist angesichts der vermutlich anhaltenden internen Meinungsverschiedenheiten zwischen den OPEC-Staaten weiterhin mit reichlichem Angebot zu rechnen. Diese Umstände dürften die Volatilität in den kommenden Monaten steigern. Es besteht noch Uneinigkeit darüber, in welchem Umfang sich der Absturz des Ölpreises auf das Wirtschaftswachstum auswirken wird. Prognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge wird ein Rückgang des Ölpreises um
30 Prozent zu einem Wachstumsplus von etwa 0,8 Prozent in den Industrieländern führen.

USA


Neben dem Ölpreis werden Lohnentwicklung und Trends im Arbeitsmarkt – 2014 wurden über drei Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen – entscheidenden Einfluss auf die Kaufkraft des US-Haushalts und weiteres Wachstum nehmen und die künftige Geldpolitik der US-Notenbank (Fed) bestimmen.

Die Löhne sind bislang nur sehr leicht gestiegen (etwa 2 Prozent im vergangenen Jahr). Seit dem dritten Quartal hat sich diese Entwicklung jedoch beschleunigt. Die offiziellen Daten werden diesen Trend erst später widerspiegeln – aber er schlägt sich bereits in dickeren Portemonnaies der Verbraucher nieder, die sich über niedrigere Kosten aufgrund geringerer Energiepreise freuen können.

Der Markt für Wohnimmobilien schwächte 2014 in den USA eher überraschend ab. Für dieses Jahr besteht jedoch Erholungspotenzial. Die Immobilienpreise sind weiterhin attraktiv, die Zinssätze sind sehr niedrig, der Arbeitsmarkt hat sich erholt und die Banken zeigen immer größeres Interesse daran, Kredite zu vergeben.

Unternehmensinvestitionen geben den größten Anlass zur Sorge. Der Einbruch des Ölpreises wird sich in jedem Fall auf die Investitionen der Unternehmen – derzeit auf hohem Niveau – auswirken. Doch auch wenn die Energiebranche ihre Investitionen kürzen wird, so werden die fallenden Energiepreise doch zu höheren Margen in vielen anderen Unternehmen führen, die dann ihrerseits ihre Investitionsausgaben erhöhen können.

Europa


Das Vertrauen in die Wirtschaft ist zwar in gewissem Maße zurückgekehrt, es muss sich aber noch zeigen, ob es durch greifbare Ergebnisse bestätigt wird. Die Aussichten für 2015 sind diesbezüglich vielversprechender.

Der Dominoeffekt der Erholung der US-amerikanischen Wirtschaft dürfte sich schon sehr bald positiv auf den europäischen Markt auswirken. Das gilt umso mehr, als Europa bereits von dem Anstieg des US-Dollars und günstigeren Energiepreisen profitiert.

Die Wiedereinführung eines gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland kommt sieben Millionen Menschen zugute und kurbelt den Konsum an. Und obwohl die Erholung ihre Zeit brauchen wird,  sind die europäischen Banken heute besser aufgestellt, das Kreditvergabegeschäft wieder aufzunehmen, nachdem sie im Vorfeld der Bankenunion eilig ihre Bilanzen bereinigt haben.

So ist es zum Beispiel von großer Bedeutung, dass Banken in Peripherieländern endlich damit beginnen, den starken Rückgang der Marktzinsen in ihren Krediten an die Wirtschaft weiterzugeben. Die europäische Wirtschaft hat eine mögliche Kreditklemme umgangen und sich damit endlich von einem Wachstumshindernis befreit. Die Steuerpolitik wird insgesamt neutrale oder sogar positive Folgen für die Wachstumsentwicklung haben. Einige Sorgen bleiben jedoch bestehen.

Alle osteuropäischen Länder und Deutschland werden 2015 die Auswirkungen der Rezession in Russland zu spüren bekommen. Zahlen deuten zwar an, dass die Auswirkungen der russischen Schwierigkeiten nicht so dramatisch ausfallen werden wie erwartet; wir fürchten dennoch die Gefahr einer potenziellen Kettenreaktion.

Gleichzeitig treten politische Risiken wieder in den Vordergrund. Anleger blicken verständlicherweise mit Sorge auf Griechenland, wo bei den anstehenden Parlamentswahlen einer Partei, die die Schuldenrückzahlungen neu verhandeln will, die besten Chancen eingeräumt werden.

In Spanien werden die Regionalwahlen im Frühjahr zeigen, wie groß die Unterstützung für Podemos ist – eine derzeit in den Meinungsumfragen erfolgreiche Partei, die sich gegen die Sparpolitik ausspricht. Damit dürften diese als Stimmungsbarometer für die nächsten spanischen Parlamentswahlen im Dezember 2015 dienen.