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Gold-Serie, Teil 2: Thorsten Polleit „Der Goldpreis ist seit 1999 um 365 Prozent gestiegen“

Degussa-Chefvolkswirt Thorsten Polleit
Degussa-Chefvolkswirt Thorsten Polleit

DAS INVESTMENT.com: Nach massiven Verlusten im vergangenen Jahr geht es mit dem Goldpreis seit Jahresanfang wieder nach oben. Übliche Marktausschläge oder der Beginn einer Erholungsphase? 

Thorsten Polleit: Der Goldpreis (in US-Dollar gerechnet) ist seit Anfang 1999 bis heute um 333 Prozent gestiegen, der S&P 500 nur um 35 Prozent. In Euro gerechnet, ist der Goldpreis in dieser Zeit um 365 Prozent gestiegen. Anleger sollten also nicht so sehr auf die kurze Sicht blicken, sondern den langfristigen Trend vor Augen haben. Langfristig bewahrt Gold seine Kaufkraft - anders als Bargeld, Sichtguthaben und kurzfristig verzinsliche Bankguthaben.

Es kommt natürlich darauf an, dass man es nicht im Zuge extremer Preisbewegungen kauft. Dann kann es nämlich sein, dass die Kaufkraft erhaltene Funktion des Goldes erst in der langen Frist in Erscheinung tritt.  Natürlich kann das Gold zuweilen auch sehr starke Preiszuwächse verbuchen - etwa im Vorfeld oder im Zuge von Finanzkrisen. Das sollte nicht verwundern: Denn Gold ist das „ultimative Zahlungsmittel“; und es ist auch eine Versicherung gegen die Widrigkeiten des ungedeckten Papiergeldsystems.

Ich denke, dass die Geld- und Versicherungsfunktion des Goldes nunmehr wieder stark in Erscheinung treten wird: Das internationale Fiat-Geldsystem gerät zusehends in schwieriges Fahrwasser. Es wird sich nur in Gang halten lassen, wenn immer mehr Geld in Umlauf gebracht wird und Schulden entwertet werden (zum Beispiel durch Schuldenschnitte, Negativzinsen und anderes mehr). Anleger im Euroraum und überall auf der Welt sollten eine wichtige Erkenntnis nicht übersehen: Ungedeckte Währungen kommen und geben. Gold bleibt.  

Auch die Nachfrage nach Gold ist stark gestiegen. Wie erklären Sie sich das? 

Polleit: Anleger scheinen sich wieder bewusst zu werden, dass die Krise keineswegs vorbei und überwunden ist. Ihre Symptome treten nun wieder deutlich zutage - man denke nur einmal an die maroden Banken im Euroraum, die immer weiter fallenden Kapitalmarktzinsen. Vor allem aber steigen die Kreditausfallsorgen auf den Finanzmärkten. Das ist eine akute Gefahr für das weltweite ungedeckte Papiergeld- oder: Fiat-Geldsystem. Man wird die Gefahr wohl nur entschärfen beziehungsweise erneut einschläfern können, wenn die Zentralbanken erneut die elektronische Notenpresse anwerfen. 

Eine wachsende Zahl von Anlegern und Investoren reagiert bereits. Institutionelle Investoren etwa fragen Gold über die Exchange Trade Funds (ETFs) nach. Ihr Einfluss auf den Goldpreis ist beträchtlich, weil die Investitionsvolumina, die kurzfristig bewegt werden können, relativ hoch sind. 

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