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Gold-Serie, Teil 9 „Eine Marktwende steht bevor“

John Hathaway
John Hathaway

DAS INVESTMENT.com: Nach massiven Verlusten im vergangenen Jahr geht es mit dem Goldpreis seit Jahresanfang wieder nach oben. Übliche Marktausschläge oder der Beginn einer Erholungsphase?

John Hathaway: Preisschwankungen sind für Gold in der Tat typisch. Allerdings glaube ich, dass sich die Situation in diesem Jahr anders darstellt und die jüngste Entwicklung nur der Auftakt zu einem mehrere Jahre währenden Goldpreisanstieg ist. Investoren und Sparer sind auf der Suche nach Alternativen zu Negativzinsanlagen. Fast 25 Prozent der weltweit auf dem Markt befindlichen Staatsanleihen weisen aktuell negative Nominalzinsen auf. Ihre Inhaber müssen sich darauf einstellen, dass sie fast sicher Geld verlieren. 

In mehreren europäischen Ländern werden Sparern für Guthaben bei ihrer Bank Negativzinsen berechnet. Zentralbankvertreter in den USA, in China und in Europa diskutieren die Möglichkeit, sich der digitalen Währung zuzuwenden und grosse Scheine wie die 500-Euro- oder die 100-Dollar-Note abzuschaffen. Die schwache Entwicklung an den Aktienmärkten hat zudem Bedenken über die Sicherheit von Finanzanlagen geschürt, die in digitaler Form gehalten werden. Gold wird vielfach als Mittel zur finanziellen Absicherung betrachtet – vor allem physisches Gold, das in Barrenform ausserhalb des Bankensystems aufbewahrt wird.

Auch die Nachfrage nach Gold ist stark gestiegen. Wie erklären Sie sich das? 

Hathaway: Über börsengehandelte Gold-Fonds (Gold-ETFs) ist der Mittelzufluss in den Sektor so stark angewachsen wie zuletzt 2010 – im Jahr darauf stieg der Goldpreis dann auf sein Allzeithoch. Die zunehmenden Mittelflüsse in Gold-ETFs widerspiegeln auch die allgemeine Befürchtung, wonach das seit 1970 bestehende Papiergeldsystem ohne Edelmetalldeckung, auf dem der Welthandel basiert, immer weniger funktionieren könnte. Den Hintergrund für diese Sorge bildet der weltweite Verlust von Vertrauen in die Fiskal- und Geldpolitik und deren Urheber, die Politiker und Entscheidungsträger der Zentralbanken.

In der derzeitigen Diskussion über die Bargeld-Obergrenzen sehen einige Marktbeobachter bereits den ersten Schritt zu einer Bargeld-Abschaffung. Ohne Bargeld wären Sparer aber dem drohenden Negativzins der Banken schutzlos ausgeliefert, so ihre Argumentation. Damit bliebe Gold der einzige Ausweg, um der drohenden Enteignung der Bürger zu entkommen. Können Sie diese Argumentation nachvollziehen? 

Hathaway: Unbedingt. Ich denke, dass immer mehr Beobachter diese Auffassung teilen.

Könnten die Diskussionen über Bargeld-Obergrenzen beziehungsweise -Abschaffung mit ein Grund für steigende Goldnachfrage gewesen sein? 

Hathaway: Diese Diskussionen sind meines Erachtens ein Zeichen für die zunehmende Verzweiflung des politischen Establishments, die daher rührt, dass die seit der Finanzkrise von 2008 ergriffenen radikalen geldpolitischen Massnahmen nicht funktioniert haben. Die Anleger fürchten unserer Meinung nach zu Recht, dass derartige Vorschläge die Fortsetzung früherer Massnahmen darstellen, die nicht gegriffen haben. Diese Art von Diskussion verunsichert die Eigentümer liquider Finanzanlagen zweifellos zutiefst. Meiner Meinung nach wird dies zu Umwälzungen führen, die einen starken Anstieg des Goldpreises und andere – auch politische – Konsequenzen nach sich ziehen dürften.

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