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Griechenland-Kollaps und Konjunkturprogramme: „Der Optimismus war naiv“

Igor de Maack
Igor de Maack
DAS INVESTMENT.com: Am Jahresanfang war noch große Zuversicht im Markt, dass bei der Finanzkrise dass Schlimmste hinter uns liegen könnte. Je mehr aber über die wirkliche Lage der griechischen Wirtschaft ans Licht kommt, desto mehr dreht die Stimmung. Haben Sie das kommen sehen? Igor de Maack: Der Optimismus war auf jeden Fall ziemlich naiv. Schon seit Ausbrechen der Wirtschaftskrise zeigte sich, dass etliche Unternehmen in Europa zu ambitioniert investiert und zu aggressiv international expandiert hatten. Die öffentliche Schuldenlast und die Verwerfungen rund um die „Griechische Tragödie“ sind jetzt für die EU eine neue Nagelprobe und stellen einen Aufschwung auf breiter Front in Frage. Das heißt: Wir erleben den Rückkehr zur Realität. DAS INVESTMENT.com: Auch im Infrastrukturmarkt? de Maack: Natürlich. Es gilt mehr denn je, das Portfolio zu bereinigen und auf Firmen mit lebensfähigem Businessmodell, solider Bilanz und Cashflow-Reserven zu setzen. Dies sind die einzigen Faktoren, die es einem Unternehmen ermöglichen, solide und nachhaltig Dividenden zu erwirtschaften und auszahlen zu können. Wir bevorzugen dabei solche, die kein starkes Wachstum ihres Marktumfelds benötigen. DAS INVESTMENT.com: Sind die staatlichen Konjunkturprogramme kein Wachstumsbeschleuniger für Infrastrukturunternehmen? de Maack:  Doch, ganz klar. Die Programme fördern die langfristige Nachfrage in einigen Bereichen – etwa im Straßen- oder Autobahnbau. Frankreich und Italien zum Beispiel investieren traditionell in die eigene Infrastruktur und erleichtern Genehmigungsverfahren für größere Infrastrukturprojekte. So werden Unternehmen wie Vinci in Frankreich in besonderem Maß vom Ausbau des Schienennetzes für den Hochgeschwindigkeitszug TGV profitieren. Oder nehmen Sie das italienische Mautsystem-Unternehmen Atlantia, das den Löwenanteil der dortigen Autobahnstrecken betreibt und bis 2020 allein ein Volumen von 20 Milliarden Euro investieren will. DAS INVESTMENT.com: Und Deutschland? de Maack: Auch dort sehen wir Einstiegschancen. Der kommende Aufschwung des Handels zwischen Asien und Europa sollte ganz besonders dem Hamburger Hafen zugute kommen. Darum haben wir unsere Position des Hafen-Logistik-Unternehmens HHLA ausgebaut. Das Unternehmen macht trotz des starken Einbruchs am Tonnagemarkt noch Gewinne und zahlt Dividenden, ohne dass darunter der Cash-flow leidet. Gekauft haben wir auch Aktien von Marseille-Kliniken und der Rhön-Klinikum AG, da der Bedarf an Sozialinfrastruktur enorm wächst. Auf deutsche Unternehmen entfallen gegenwärtig rund 14 Prozent unseres Portfolios – aber wir wollen Länderrisiken vermeiden. So sind wir aus guten Gründen nur mit rund 6 Prozent unseres Fondsvolumens in Spanien und Portugal investiert. DAS INVESTMENT.com: Sie können bis zu einem Viertel des Fondsvolumens auch außerhalb von Europa anlegen. Was ist mit den Emerging Markets, zum Beispiel mit einer Beteiligung an Häfen in China? de Maack: Da sind wir zurückhaltend. Der Pekinger Hafen zum Beispiel hat noch kein tägliches Reporting. Natürlich gibt es in China einen großen Bedarf nach  Infrastrukturentwicklungen, doch sind die Risiken für Finanzinvestoren dort vielfach noch nicht wirklich überschaubar – vor allem bei den rechtlichen Rahmenbedingungen. DAS INVESTMENT.com: Und wo steigen Sie ein? de Maack: Nord- und südamerikanische Investments gefallen uns gut - zum Beispiel das führende private Straßenmautunternehmen CCR in Brasilien. CCR betreibt das Verkehrsnetz in Sao Paulo und Rio und wird von den Infrastrukturprogrammen im Zusammenhang mit der Fußball-WM 2014 und den Olympischen Spielen 2016 profitieren. Wir haben aber auch in einen kanadischen Gaspipelinebetreiber, Transcanada, investiert, der ganz Nordamerika versorgt. DAS INVESTMENT.com: Energieproduzenten haben Sie in Ihrem Portfolio mit 30 Prozent gewichtet. Sehen Sie in dieser Branche auch in Europa weiteres Potenzial? de Maack: Nein. Sinkende Strom- und Gaspreise könnten den Druck auf Unternehmen wie Eon oder Vattenfall in Zukunft verstärken, und wir wollen uns nicht der Volatilität der Strompreisentwicklung aussetzen. Wir bevorzugen darum Mautstraßen-, Flughäfen- und Tunnelbetreiber, die von der Verkehrszunahme profitieren. Andere Infrastruktur-Bereiche, etwa Satellitenbetreiber, bieten ebenfalls gute Alternativen, um Value-orientiert kaufen zu können und Anlegern einen guten Return zu ermöglichen – etwa über Dividendenrenditen oder den Aktienrückkauf der Unternehmen. Infrastrukturfonds sollten als Möglichkeit gesehen werden, ein Aktienportfolio zu diversifizieren. Sie sind defensiver aufgestellt und bieten bessere Cashflow- und Dividenden-Ausschüttungen als andere Sektoren. Wobei wir den guten Inflationsschutz nicht vergessen sollten. DAS INVESTMENT.com: Welchen Anteil am privaten Portfolio sollten Ihres Erachtens Infrastrukturinvestments ausmachen? de Maack: 5 bis 10 Prozent. DAS INVESTMENT.com: Welche Rolle spielen für Sie Benchmarks? de Maack: Keine, was die Zusammenstellung unseres Portfolios anbetrifft. Wir sind nicht Bechmark-getrieben, achten aber natürlich auf sie. Wenn wir eine Aktie kaufen, wissen wir zum Beispiel, welchen Anteil das jeweilige Unternehmen in den Indizes hat. Und am Ende des Tages zielen wir darauf ab, zwei Indizes outzuperformen: nämlich die Entwicklung des Dow Jones Stock 50 und des Macquarie Global Infrastructure Europa. Das haben wir seit Auflegung des Fonds im Jahr 2007 auch geschafft.

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