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Große Makroanalyse Eyb & Wallwitz über den Brexit, Zinsen, Aktien und Unternehmensanleihen

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Hinzu kommt, dass die EZB-Politik den nationalen Regierungen einen Vorwand liefert, sich aus ihrer wirtschaftspolitischen Verantwortung zu stehlen: Dringend benötigte wachstumsfördernde Reformen werden aufgeschoben, verkrustete Strukturen bleiben erhalten. Solange aber das „Großreinemachen“ ausbleibt, wird die Unzufriedenheit mit den Regierungen wachsen und immer mehr Wähler den Populisten in die Arme treiben.

Am schlimmsten ist jedoch, dass die EZB sukzessive an Glaubwürdigkeit, dem wichtigsten „Asset“ einer Notenbank, einbüßt. Selbst die Begeisterung der größten Befürworter ultralockerer Geldpolitik, wie der OECD oder international tätiger Investmentbanken, hat spürbar nachgelassen. Die EZB ist geradezu zur „Geisel“ der Finanzmärkte geworden: Aus Furcht vor einem erneuten Finanzmarktcrash zeigt sie wieder größere Nachsicht gegenüber den Banken. Diese haben weniger Druck, ihre Kreditforderungen realistisch zu bewerten und damit ihre Bilanzen in Ordnung zu bringen, wie das jüngste Hickhack um die Größe des Kapitalbedarfs bei der italienischen Großbank Unicredit gezeigt hat.

…. aber „Brexit“ bedeutet noch höhere Dosis

Trotz dieser wohlbegründeten Argumente für eine Kehrtwende, werden die Notenbanken aber im Gegenteil ihre bisherigen Bemühungen wahrscheinlich sogar noch verstärken. Die Nullzins- bzw. Negativzins-Politik bleibt uns sicher noch länger erhalten. Auch die FED wird sich angesichts des Wiedererstarken des US-Dollars gezwungen sehen, ihren Plan für weitere Zinsanhebungen zu überdenken. Die „Financial Conditions“ haben sich in den USA zuletzt wieder verschlechtert (vgl. Grafik 2) und drohen, die Konjunktur weiter abzukühlen. Die Finanzmärkte haben jedenfalls bereits reagiert: Vor dem „Brexit“-Referendum lag die Wahrscheinlichkeit für Zinserhöhungen im weiteren Jahresverlauf bei deutlich über 50 Prozent, aktuell nähert sie sich der Null-Linie.

Für Japan ist die Währungsentwicklung noch fataler: Handelsgewichtet hat der Yen seit Jahresbeginn um knapp 20 Prozent zugelegt, seit Ende Mai allein um 10 Prozent. Obwohl sich gerade in Japan die Grenzen der Geldpolitik immer deutlicher zeigen, wird die Notenbank (BOJ) kaum dem politischen Druck widerstehen, das Volumen ihrer Kaufprogramm zu erhöhen und mehr Wertpapiergattungen (v.a. Aktien) miteinzubeziehen. Vorstellbar ist sogar, dass die BOJ als erste bedeutende Notenbank in der jüngeren Geschichte auf „Helicopter Money“ setzt. In diesem Fall könnte sie dem Staat einen Kredit geben, z.B. indem sie Anleihen kauft, und im Gegensatz zu den bisherigen QE-Programmen auf deren Rückzahlung verzichtet.

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