LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in InstitutionelleLesedauer: 10 Minuten

Großer Vermögensverwalter-Roundtable 6 Geldverwalter über Niedrigzinsen, Anlagechancen 2015 und Risikomanagement

Seite 2 / 4


Wobei in Europa auch noch eine Menge Untiefen lauern dürften. Vor allem Frankreich hat hier bei den nötigen Reformen wohl noch viel zu erledigen.

Riße: Ja, ich würde zu den Problemkandidaten vor allem Italien mit hinzunehmen. Und auch wenn es in Spanien besser ausschaut: Da brodelt unter der Oberfläche sehr viel. Deutschland ist ja mittlerweile mit seiner Idee der Sparpolitik isoliert. In einer Zeit, in der Europa Investitionen braucht, meint die Bundesregierung, einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu müssen.

Dieses Land lebt von seiner Infrastruktur, mit seinen hohen Löhnen, von seinem Ausbildungsniveau. Mit einem Staatsdefizit von 2 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt könnte man sinnvoll in Bildung, in Infrastruktur und in Forschung und Wissenschaft investieren, um die Zukunft zu sichern. Unsere Kinder müssen einerseits zwar die Schulden abtragen – sie erben andererseits aber ja auch die Infrastruktur und das Know-how, das man gebildet hat.

Hintergrund für die Symbolpolitik ist wohl auch, dass man das Bild von Deutschland als Fels in den anbrandenden Krisen zementieren möchte.

Habbel: Wir haben bei uns das Wort Krise aus dem Sprachgebrauch eigentlich gestrichen. Wir reden doch seit mehr als zehn Jahren nur noch über Krisen – früher war es die Internetkrise, dann die Asien-Krise, danach die Euro-Krise, in deren Folge die Schuldenkrise. Man muss aber feststellen, trotz politischer Unruhen etwa in der Ukraine und im Nahen Osten, dass die Aktienmärkte erstaunlich gut gelaufen sind. Momentane, subjektive Krisenwahrnehmung und substanzielle Verfassung der Märkte sind wohl zwei Paar Schuhe.

Hussy: Ihre These könnte man noch ein bisschen zuzuspitzen. Jeder Tag ohne Krise ist für jeden Anleger heute ein Tag mit Anlagenotstand. Von denjenigen, die Vermögen verwalten, ob nun für private oder institutionelle Anleger, wird erwartet, dass sie täglich auf die Marktbewegungen reagieren. Dies erzeugt die impulsiven Reaktionen an den Börsen, die zum Beispiel zu den kürzlich zu beobachtenden V-förmigen Bewegungen führen. Die einfache Logik dahinter ist: Je mehr Liquidität im Markt und je mehr Notenbankaktionismus an den Tag gelegt werden, desto sicherer fühlen sich die Investoren. In früheren Zeiten hätten geopolitische Krisen zu einer ganz anderen Reaktion geführt.

Roos: Die Rückgänge, die wir zuletzt im Dax sahen, waren sicherlich durch die große Unsicherheit getragen, die im Markt regiert. Gerade die derzeitigen V-Formationen in den amerikanischen Indizes verlaufen sehr steil, ohne dass irgendwann mal ein Tagesschlusskurs tiefer war als das Vortagestief. Das sind natürlich vergleichsweise heftige Bewegungen, die in Kürze sicherlich in eine Regressionsphase übergehen werden, aber zurzeit noch keine entscheidenden Auswirkungen auf den Gesamttrend haben.

Aber eine echte große Wachstumsstory hat man lange nur in den Emerging Markets gesehen. Nach dem Abschwung sind viele Anleger ernüchtert. Sind China, Indien & Co. für Sie weiter auf dem Radar?

Herrmann: Die Emerging Markets sind grundsätzlich nach wie vor eine interessante Beimischung, weil viele Schwellenländer-Aktien untereinander wenig stark korreliert sind. Wir haben unser Engagement früher über Länderallokationen dargestellt, halten das aber für nicht mehr so sinnvoll. Es gibt nicht wenige Aktien, die auch dann steigen, wenn der Gesamtmarkt fällt – und umgekehrt. So konzentrieren wir uns auch bei den Schwellenländern auf Stockpicking, was sehr gut funktioniert. Zu den vielen großen Unternehmen in den Emerging Markets wie etwa China Mobile oder Hyundai gibt es heute eine vernünftige Datenbasis, die man auch in quantitativer Hinsicht gut auswerten kann.

Funke: Ich kann da zustimmen. Unsere Anlagestrategien sind quantitativ gestützt und basieren auf systematischen und wissenschaftlichen Anlageregeln. Das setzt eine gewisse Datentiefe und Liquidität der Assets voraus. Die USA bieten dies schon seit den 60er Jahren, in den 90er Jahren zog Europa nach. Seit fünf, sechs Jahren gilt die Transparenz auch für die Emerging Markets. Zwar ist die Datenqualität teils sicherlich noch nicht so wie hierzulande, aber man kann Emerging-Markets-Investments auch mit sinnvoll regelgestützten Anlageprozessen ordentlich managen.

Habbel: Wir sollten auch nicht vergessen, dass es viele große europäische Unternehmen gibt, die in den Emerging Markets eine große Rolle spielen. Mit ihnen hat man so auch die Wachstumsdimension der Schwellenländer im Depot.
Tipps der Redaktion