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Aktualisiert am 08.02.2009 - 14:37 Uhrin Grünes GeldLesedauer: 5 Minuten

Grünanlagen gesucht

Grünanlagen gesucht
Grau statt grün. Die Fondsgesellschaft Kanam investiert lieber in ein Moskauer Business-Center als in den Frankfurter Opernturm. Nur einen Monat hat das Interesse am „Green Building“ in der Frankfurter Innenstadt gehalten, dann zog sich das Management des Kanam Grundinvest (WKN: 679 180) zurück. Die im September gesicherte Option zum Kauf des 2010 bezugsfertigen Hochhauses wurde im Oktober nicht ausgeübt. Nach dem Motto „Sicherheit vor Chance“ wollte die Fondsgesellschaft „mittelfristig den Anteil an Banken und Finanzdienstleistern im Mieterportfolio nicht erhöhen“, hieß es in einer Mitteilung an den Vertrieb. Rund die Hälfte der 62.500 Quadratmeter Bürofläche hat die Schweizer Großbank UBS gemietet. Weitere 3.000 Quadratmeter sind der Anwaltskanzlei Morgan Lewis & Bockius LLP versprochen. Der Rest ist noch zu vergeben. Fondsmanager kaufen kurzfristig Eine sichere Miete zählt derzeit mehr als Mensch und Natur: Im Gegensatz zum Opernturm hat das Citydel Business Center im Zentrum Moskaus kein Nachhaltigkeits-Zertifikat, dafür aber renditestarke Mieter wie etwa Japan Tobacco International, den drittgrößten Tabakkonzern der Welt. „Die Fondsmanager handeln derzeit sehr kurzfristig, nicht zuletzt aufgrund der Finanzmarktkrise. Der Aspekt der Nachhaltigkeit tritt dabei vollkommen in den Hintergrund“, sagt Jeremy Taylor, Leiter der Abteilung European Design & Construction von Tishman Speyer in Frankfurt. Das sei ein Fehler, der sich auf längere Sicht rächen werde. Tishman Speyer hat den Opernturm entwickelt und hält mit seinem Alternative Investment International Real Estate Fund V 50 Prozent an der Projektentwicklung. Der Fonds läuft 2010 aus, deshalb will der US-Investor verkaufen. Steigende Energiepreise, Klimawandel und damit einhergehende schärfere Klimaschutzauflagen der Regierungen werden automatisch dazu führen, dass der Wert nachhaltiger Immobilien künftig stärker steigt als der herkömmlicher Objekte. Alle bestätigen den Trend, kaum einer handelt Das bestreitet auch keine der 16 im deutschen Fondsverband BVI organisierten Grundstücks-Investmentgesellschaften. Dennoch findet der grüne Bewusstseinswandel derzeit nur verbal statt, wie eine Umfrage von Ernst & Young Real Estate bestätigt: Von 20 im Juli befragten Immobilienfondsmanagern gaben 58 Prozent an, dass Nachhaltigkeitsaspekte beim Immobilienkauf derzeit nur eine mittelstarke Rolle spielen. Weitere 24 Prozent stufen die Wichtigkeit als niedrig ein. In Zukunft hingegen messen fast alle Manager der Umwelt- und Sozialverträglichkeit eine mittlere bis hohe Bedeutung bei. Kein Anbieter plant derzeit einen nachhaltigen Immobilienfonds, und in den bestehenden Produkten findet man ausgewiesene grüne Immobilien nur mit der Lupe – wenn es überhaupt entsprechende Informationen gibt. Kanam ist hier durchaus als positives Beispiel zu nennen, auch wenn die Gesellschaft damit kaum in der Öffentlichkeit hausieren geht. Selbst ohne den Opernturm ist der Kanam Grundinvest mit drei zertifizierten Gebäuden, einem Objekt, das bereits mit dem Zerifizierungsprozess begonnen hat und zwei Projektentwicklungen, die für ein Zertifikat geplant sind, einer der nachhaltigsten Immobilienfonds auf dem deutschen Markt. Und auch im ausschließlich in Nordamerika investierenden Kanam US Grundinvest (WKN: 679 181) ist der Anteil zertifizierter nachhaltiger Immobilien vergleichsweise hoch. Grüne Objekte sind rar gesät Öffentlich positioniert sich derzeit vor allem Union Investment auf der grünen Investment-Wiese. So hat die Gesellschaft Anfang Oktober den ersten europäischen Preis für nachhaltige Immobilieninvestments, den Prime Property Award, verliehen. Dennoch sind die nachhaltigen Gebäude in ihren Immobilienfonds rar gesät: Der Uni Immo Global hat zwei zertifizierte Objekte im Portfolio, von insgesamt 36; der Uni Immo Europa sogar nur 1 von 69. Auch Degi, die seit Anfang dieses Jahres zur Immobiliensparte von Aberdeen Asset Management gehört, bezeichnet sich als Vorreiter in Sachen nachhaltiger Immobilieninvestments. Doch auch in ihren vier Fonds sind zertifizierte Gebäude Mangelware: Nur im Degi International befindet sich eines. Das Problem der Fondsmanager: Objekte, die per Zertifikat als sozial und umweltverträglich ausgewiesen werden, gibt es kaum auf den Immobilienmärkten. Einzige Ausnahme ist Großbritannien, wo bereits jedes zweite Gebäude ein sogenanntes Breeam-Zertifikat hat. Erschwerend kommt hinzu, dass es kein einheitliches Nachhaltigkeits-Zertifikat gibt, weder international noch europaweit: Neben dem Breeam-Stempel ist das Leed-Zertifikat aus den USA im Umlauf, Casbee aus Japan, HQE aus Frankreich, Minergie aus der Schweiz und seit Neustem das DGNB-Siegel aus Deutschland. Jedem Zertifikat liegen eine andere Definition von Nachhaltigkeit und andere Zielwerte für die einzelnen Aspekte zugrunde. Das macht sie schlichtweg nicht vergleichbar. Dennoch sind die Portfolios der Immobilienfonds nicht so grau, wie es auf den ersten Blick scheint: „Viele Immobilien, die in den vergangenen zehn Jahren entstanden sind, sind unter Umweltaspekten gar nicht so katastrophal“, sagt Gregor Büchner, Leiter des Bereichs Research, Marketing und Strategie bei der Immobilienberatung Jones Lang Lasalle. „Das meiste, was nach 2000 gebaut wurde, könnte durchaus schon als nachhaltig bezeichnet werden, zumindest unter dem Gesichtspunkt der Energieeffizienz.“ Das ist immerhin ein kleiner Lichtblick, auch wenn Energieeffizienz nur ein Teil des deutlich breiter angelegten Begriffs der Nachhaltigkeit ist. Nach Angaben des Fondsverbands BVI sind rund zwei Drittel der Objekte offener Immobilienfonds jünger als zehn Jahre. Das heißt aber auch: Rund ein Drittel ist älter und damit nicht einmal im Ansatz nachhaltig, sollte zwischendurch keine Sanierung stattgefunden haben. Sanierung muss sein Die Aufrüstung bestehender Objekte zählt darum zu den wichtigsten Hausaufgaben der Immobilienmanager. Einige fangen bereits an: So will Union Investment Real Estate das Hamburger Unileverhaus aus dem Bestand des Uni Immo Deutschland im kommenden Jahr entsprechend der Vorgaben des amerikanischen Leed-Zertifikats modernisieren. Sicher keine Entscheidung mit rein ökologischem Hintergrund. Schließlich baut sich Unilever gerade einen neuen Firmensitz in der Hamburger Hafencity. „Das Marktpotenzial für nachhaltige Immobilieninvestments ist beachtlich: Die Anlageklasse Immobilien ist im stetig wachsenden Markt für umwelt- und sozialverträgliche Investments noch nahezu unberücksichtigt“, sagt Thomas Lützkendorf, Leiter des Stiftungslehrstuhls für Ökonomie und Ökologie des Wohnungsbaus an der Universität Karlsruhe. Auch Thomas Beyerle, Leiter des Researchs von Degi, ist sich sicher: „Wer nicht mitmacht, hat mittelfristig schon verloren.“ Spätestens in fünf Jahren werden nichtnachhaltige Gebäude vom Markt abgestraft. Dann sind die ökologischen Gründe ökonomische geworden. Und spätestens dann dürfte auch der Frankfurter Opernturm wieder ein attraktives Investment sein.

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