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Grüne Köpfe: Mensch, Alfred

Alfred Platow
Alfred Platow
„Ich bin da so reingerutscht.“ Eigentlich wollte Alfred Platow Sozialarbeiter werden. In den 70er Jahren, als er auch gegen Gorleben auf die Straße geht. Um sein Studium zu finanzieren, arbeitet er als Berater für kleine umwelt- und friedensbewegte Unternehmen. Er hilft bei der Gründung von Naturkostläden, eines Kinderbuchladens und eines Theaters. „Dabei kam dann die Frage der betrieblichen Altersvorsorge auf“, erzählt er. Von der genossenschaftlichen Versicherung, an die Platow seine Kunden vermittelt, heißt es nach den ersten 100 Verträgen: „Sie sollten Versicherungsvertreter werden. Und mich hat das irgendwie gereizt, auch das Finanzielle“, so Platow.

1975 gründet er zusammen mit Klaus Odenthal, Studienkollege (Sozialpädagogik, Mathematik und Geologie) und bester Freund, die Alfred & Klaus – kollektive Versicherungsagentur. Die Zielgruppe: ökologisch orientierte Betriebe und Umweltorganisationen. Die Firmenphilosophie: Wir sind eine Familie. Entscheidungen werden von allen Mitarbeitern zusammen getroffen, und alle verdienen gleich viel: 800 Mark im Monat plus 200 Mark pro Kind. Es läuft gut. „Im November und Dezember hatten wir Wartelisten.“

Der Familienrat wird abberufen

1987 bekommt das Versicherungskollektiv ein schnittiges Kürzel als Namen, Versiko, und wird in eine GmbH umgewandelt. Die Familienphilosophie bleibt. Erst 1994 ändert sich das. „Es waren einfach zu viele Mitarbeiter. Die Diskussionen wurden immer schwieriger, und man konnte nicht mehr alles im Familienrat beschließen“, erklärt Platow. Die kollektive Gemeinsamkeit ist nicht mehr praktikabel. Fortan gibt es einen Geschäftsführer und keine Gleichbezahlung mehr. Doch der Familiensinn geht nicht verloren.

1995 wird Versiko eine Aktiengesellschaft. Mitarbeiter und Kunden werden Aktionäre. Erst 1999 erfolgt der Börsengang, aber noch heute sind 70 Prozent der Aktionärsfamilie Mitarbeiter und Kunden. Platow stellt sich schon früh die Frage: „Wie kann man durch Kapital Einfluss nehmen auf Firmen?“ 1987 gründet er das Ökowerk, ein als Verein organisiertes Versorgungswerk für nachhaltig orientierte Unternehmen. „Den rund 3.000 angeschlossenen Betrieben haben wir die Zusage gemacht, das Kapital nach ökologisch-ethischen Prinzipien anzulegen“, erzählt Platow. „Bei den Versicherungen hat man erst einmal große Augen gemacht, aber einige haben das Potenzial erkannt.“ Die Umsetzung lässt allerdings zu wünschen übrig.

Häppchen aus dem Naturkostladen

Als Platow nach einem Jahr nachfragt, wo das Geld angelegt ist, bekommt er zu hören, man wisse ja gar nicht, was für ihn nachhaltig sei. „Da ist die Idee entstanden, das selbst zu machen“, so Platow. Das war 1989. „Wir sind dann von einer Kapitalanlagegesellschaft zur anderen gelaufen, aber die haben uns nicht wirklich ernst genommen.“ Die Vorstände konnten sich einfach nicht vorstellen, dass Kapitalmärkte Wirtschaftlichkeit auch mal nach anderen Kriterien beurteilen. Einziger Ausweg: eine eigene Fondsgesellschaft. „Da habe ich erst einmal geschluckt. Ich hatte das Gefühl, das ist eine Nummer zu groß“, sagt Platow. Aber Studienkollegin Helga Nissen, Rechtsanwältin, seit 2007 im Versiko-Vorstand, nimmt das in die Hand.

Nach sechs Monaten folgt die Einladung in die Aufsichtsbehörde – und eine Absage. Zu exotisch und ein Firmenname mit „Öko“ geht nicht. Das würde ja unterstellen, dass alle anderen nicht „öko“ seien, so die Argumentation. „Doch der Abteilungs- leiter lächelte die ganze Zeit und sagte, er habe eine Lösung: Luxemburg“, erzählt Platow.

1994 kommt die Zulassung, dann dauert es noch zwei Jahre, bis die Fondsgesellschaft Ökovision Lux (inzwischen Ökoworld Lux) 1996 ihren Betrieb aufnimmt. Der erste Fonds, der Ökovision classic, geht im selben Jahr in den Vertrieb. Mit Erfolg: „In manchen Wochen haben wir eine Million Mark eingesammelt. Wir waren geradezu euphorisch und haben ordentlich gefeiert, mit Häppchen aus dem Naturkostladen.“ Inzwischen verwaltet Ökoworld acht Fonds, rund 500 Millionen Euro. Und die Ausbeutung von Mensch und Natur beunruhigt nicht mehr nur Ökos, Müslis und Sozialpädagogik-Studenten.



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