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Gütesiegel für nachhaltige Investments: „Bitte keine Moraldiskussion“

Andreas Korth vom Good Growth Institut
Andreas Korth vom Good Growth Institut
Eigentlich müssten sich die Anbieter nachhaltiger Geldanlagen freuen wie die Schneekönige: Nachhaltige Finanzprodukte sollen nach dem Willen der Verbraucherminister der Länder künftig ein einheitliches Gütesiegel erhalten. Was könnte es Besseres geben, als eine einfache Plakette, die den nachhaltigen Geldanlagen hier in Deutschland endlich zum Durchbruch verhelfen könnte? Denn obwohl viel über Ökofonds & Co. geschrieben und diskutiert wurde: Nachhaltige Geldanlagen fristen im deutschsprachigen Raum mit einem Anteil von unter 2 Prozent in den Depots noch immer ein Schattendasein. Das Problem: Während uns viele europäische Nachbarn zeigen, dass die Berücksichtigung nachhaltiger Aspekte bei der Geldanlage schon eher die Regel als die Ausnahme ist, diskutieren die Ökomoralisten in Deutschland vor allem über „Greenwashing“ und „echte“ Nachhaltigkeit. Dies verunsichert Anleger, Politiker, Medien, institutionelle Anleger, Banken und Berater, die sich naturgemäß in der Welt der nachhaltigen Geldanlagen nicht auskennen. So bleibt auch bei dieser Ministerinitiative das Unbehagen, ob man hier wirklich das sinnvolle Investieren nach vorn bringen will, oder ob es vor allem darum geht, die wenigen „Greenwasher“ auszumerzen, die trotz spärlicher Zuflüsse immer noch nicht das Handtuch geworfen haben. Der Wunsch nach einem Prüfzertifikat für nachhaltige Geldanlagen ist typisch deutsch und würde es ermöglichen, das komplexe Thema auf einen einfachen Nenner zu bringen. Doch haben sich bislang vor allem Moralisten versucht, diesem Thema zu nähern. Bei dem Versuch, den Begriff der Nachhaltigkeit mit konkreten Moralvorstellungen zu unterlegen, sind bisher alle Experten gescheitert. Denn mit der Nachhaltigkeit ist es wie mit der Gerechtigkeit: Jeder will sie, doch keiner kann sie allgemeingültig definieren. Was vielleicht in Deutschland heute als normativ wünschenswert gilt, sieht in Frankreich schon ganz anders aus (etwa die Haltung zur Atomkraft) und wird übermorgen durch neue Erkenntnisse wie etwa bei den langlebigen organischen Schadstoffen) wieder überholt. Selbst wenn man sich einig wäre, dass zumindest Atomkraft, Menschenrechtsverletzer und Umweltverschmutzer aus einem nachhaltigen Investment ausgeschlossen gehören: Es würde damit ja nicht nur die Branche der Energieversorger quasi weltweit ausgeschlossen. Wie geht man dann beispielsweise  mit deutschen Staatsanleihen um, wo wir hier in Deutschland doch noch fleißig Atomkraft produzieren und importieren? Ganz zu schweigen von den Anleihen der USA, Frankreich oder England? Kann man in einen Automobilkonzern investieren, wenn doch Autos massiv die Umwelt belasten?

Alle Rohstoffproduzenten stehen auf der Tabuliste, weil wir davon ausgehen können, dass noch in fast allen Minen und Schürfgebieten weltweit Menschen- und Arbeitsrechte in Frage gestellt werden. Doch wenn die Rohstoffe tabu sind, wie können denn dann die daraus gefertigten Endprodukte ethisch korrekt sein? Je länger die Wunschliste für Ausschlüsse und Anlageverbote, je enger die Auslegung der Kriterien, desto kleiner werden die Investitionsmöglichkeiten für Anleger. Am Ende blieben dann nur noch wenige dunkelgrüne Geldanlageprodukte übrig, die für eine handvoll Idealisten interessant sein mögen. Die breite Masse der Anleger können solche Produkte nicht bedienen. Warum muss es denn auch „dunkelgrün“ sein? Auch „hellgrüne“ Geldanlagen können einen interessanten Hebel zur Umsetzung von gesellschaftlichen Zielen bieten, etwa indem diese das Instrument der Stimmrechtsnutzung einsetzen. So kann auf Hauptversammlungen der Finger in die ökologischen oder sozialen Wunden des Unternehmens gelegt werden und durch Bündelung vieler gleichgesinnter Stimmen lässt sich sogar die Entlastung von verantwortungslosen Vorständen verhindern. Die dunkelgrünen Fondsmanager könnten die gleiche Aktiengesellschaft nur mit Missachtung strafen, nicht aber derart massiv die Geschäftspolitik einzelner Unternehmen beeinflussen. Je mehr Geld in den Bereich der nachhaltigen Investments fließt, desto größer kann der Einfluss auf die Unternehmen werden. Ein Siegel für nachhaltige Fonds ist daher grundsätzlich begrüßenswert, wenn es nicht versucht, zwischen hell- und dunkelgrün zu polarisieren. Es würde genügen, dem Anleger transparent aufzuzeigen, welche nachhaltigen Ziele der Produktanbieter verfolgt und welche Methoden er nutzt. So kann jeder Anleger für sich entscheiden, ob er lieber konventionell investieren will, oder ein nachhaltigeres Produkt bevorzugt. Eine einheitliche Berichterstattung beispielsweise mit der neuen FNG Matrix kann so als Grundlage für ein Nachhaltigkeitssiegel dienen, welches transparent die Vielfalt der Möglichkeiten nachhaltigen Investierens deutlich macht und fördert.   Andreas Korth leitet das Good Growth Institut für globale Vermögensentwicklung und berät den BN&P Good Growth Fund (WKN: HAFX2F) bei der Auswahl von sozialen Investments. Der BN&P Good Growth Fund ist ein ethischer Mischfonds mit einem starken Schwerpunkt im Bereich Mikrofinanz. Als Vermögensverwalter und Finanzplaner berät Andreas Korth mit seinem Unternehmen WerteWachstum Hartl, Korth & Co. auch eigene Kunden im privaten und institutionellen Bereich.

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