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Aktualisiert am 27.01.2020 - 10:40 Uhrin Recht & SteuernLesedauer: 3 Minuten

Guter grauer Kapitalmarkt

Herbert Friedrich
Herbert Friedrich

Regulierung klingt schön, nützt aber nichts, wie die weltweite Bankenkrise mal wieder beweist. Auch im staatlich und durch Börsenvorschriften regulierten Markt passieren unvorstellbare Pleiten. Schon als die Dotcom-Blase platzte und der Neue Markt zusammenbrach, war klar, dass die Regularien nur Sicherheit vor Fehlinvestitionen vorgaukelten – es gab und gibt sie aber nicht. Banker und Börsianer betrachteten den sogenannten grauen Kapitalmarkt, den außerbörslichen Anlagemarkt im Rahmen geschlossener Fonds und ähnlicher Anlagemodelle, mit abschätziger Skepsis. Dieser sei unreguliert und führe zu Auswüchsen, die es in ihrem „edlen“ Markt nicht gäbe. Doch ihre Arroganz wurde jetzt erneut erschüttert. Mit den gigantischen Verlusten kann der graue Kapitalmarkt längst nicht mithalten. Misswirtschaft und Fehlinvestitionen in diesen Größenordnungen halte ich im grauen Kapitalmarkt für ausgeschlossen. Und zwar deshalb, weil es lange keine staatlichen Eingriffe in die Branche gab. Daher hat sie selbstregulierend Instrumente entwickelt, die Problemfälle frühzeitig aufzeigen und für mehr Transparenz sorgen. Neben der immer strengeren Haftungsrechtsprechung der Gerichte, die zunehmend Aufklärungsund Beratungspflichten gegenüber Anlegern einfordern, sind es die Branchenusancen, die zu mehr Information und Ehrlichkeit in den Prospekten geführt haben. Ein wichtiges Element ist das Wirtschaftsprüfergutachten, das zum Standard einer ordentlichen Anlageofferte gehört und seit den 80er Jahren stetig weiterentwickelt wurde. Von großer Bedeutung ist auch die einschlägige Presse. Ob Newsletter, spezielle Magazine oder allgemeine Wirtschaftspresse – Fachjournalisten beobachten Anlageobjekte und -trends und weisen auf Schieflagen oder Schwachstellen frühzeitig hin. Die Rolle der Ratings ist ebenfalls nicht zu unterschätzen, auch wenn durch die sprunghaft gestiegene Zahl von Anbietern die Qualität etwas verloren hat. Bafin-Bestimmungen kontraproduktiv Kontraproduktiv hingegen sind die extensiven Bestimmungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleisungsaufsicht (Bafin). Seit Mitte 2005 benötigen auch die Anlageangebote des grauen Kapitalmarkts eine Genehmigung durch die Bafin. Der überwiegende Teil der verlangten Informationen hat lediglich formalen Charakter und sagt nichts über die Wirtschaftlichkeit oder Qualität einer Offerte aus. Die Prüfung führt aber dazu, dass die Prospekte mittlerweile zum Teil auf über 150 Seiten angewachsen und damit für den durchschnittlichen Anleger nicht mehr lesbar sind. Was sind die Stärken dieses Anlagesegments? Geschlossene Fonds sind Investitionen in Unternehmen. Dadurch bleiben die Produkte verständlicher, erfahrene Unternehmer betreiben meist das Geschäft. Natürlich können schwindende Märkte, Planungsfehler oder Fremdeinflüsse zu negativen Entwicklungen führen, aber die Chancen und Risiken eines Fonds sind noch durchschaubar. Jedoch ist auch hier Besserung nötig. Etwa durch eine verstärkte Ausbildung der Berater. Die drei Säulen der Anlageberatung – anlegergerecht, anlagegerecht und portfoliogerecht – müssen verstärkt in den Vordergrund treten. Gerade auch deshalb, da die Anleger meist kaum wirtschaftliches Wissen besitzen. Sie haben häufig nicht das Gespür dafür, ob Anlageofferten für sie geeignet sind, mit ihren Anlagevorstellungen übereinstimmen und ob versprochene Rendite und Risiko in einem realistischen Verhältnis stehen. Deshalb sehen es die Rechtsanwälte des Rechtsforums Finanzdienstleistung e. V. auch als ein wichtiges Ziel, mit fundierten Informationen, Veröffentlichungen und Veranstaltungen an einer verbesserten Wissens- und Verständnislandschaft bei Anlegern und Vertrieben mitzuwirken. Als Fazit der letzten Entwicklungen bleibt: Der sogenannte regulierte Markt hat beileibe keinerlei Veranlassung, auf den grauen Kapitalmarkt herabzuschauen. Die Vertreter des grauen Kapitalmarkts haben vielmehr allen Grund dazu, zumindest auf gleicher Augenhöhe alternative Kapitalanlageprodukte zu bieten. Der Hamburger Rechtsanwalt Herbert Friedrich bespricht exklusiv für DAS INVESTMENT aktuelle Urteile. Der erfahrene Analyst hat viele Jahre Produkte für das Rating-Unternehmen G.U.B. geprüft und als Berater zahlreiche Modelle konzipiert. Er vertritt Anleger sowie Berater und ist Vorstandsmitglied im Rechtsforum Finanzdienstleistung e. V. Fragen beantwortet Friedrich unter Telefon 0 40/7 21 24 88. 

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