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Aktualisiert am 27.01.2020 - 11:06 Uhrin Recht & SteuernLesedauer: 2 Minuten

Haftung: Berater müssen nicht alles lesen

Herbert Friedrich
Herbert Friedrich

Der Vorwurf fehlerhafter Beratung wird oft damit begründet, dass Vermittler kritische Informationen aus der Wirtschaftspresse oder Newslettern Anlegern nicht mitgeteilt hätten. Dazu wurde die Ansicht vertreten, Berater müssten alle Publikationen lesen, die sich mit Wirtschafts- und Anlagefragen beschäftigen. Dagegen wurde eingewandt, dass es bei der Vielzahl der Publikationen nicht zumutbar sei, alle zur Kenntnis zu nehmen. Besonders umstritten sind Informationsdienste: Einige Gerichte folgten der Ansicht, Dienste wie „kapitalmarkt intern“ oder „Direkter Anlegerschutz“ müsse der Berater lesen, andere Gerichte sprachen diesen die Seriosität ab. In der Entscheidung vom 7. Oktober hat der Bundesgerichtshof (BGH) den Streit vorerst entschieden: Eine Bank (also auch der Berater) ist lediglich verpflichtet, die einschlägige seriöse Wirtschaftspresse zu lesen. Der BGH nannte etwa „Börsen- Zeitung“, „Financial Times Deutschland“, „Handelsblatt“ und „FAZ“. Bei Informationsdiensten sei dies laut BGH anders: „Bei diesen handelt es sich nicht um allgemein anerkannte Publikationen (...), deren Seriosität und Qualität über jeden Zweifel erhaben ist.“ Ansonsten müsste man alle anderen Publikationen und das Internet einbeziehen. Der BGH stellte auch fest: Wenn die Bank Kenntnis von einem kritischen Bericht in einem Informationsdienst hat, muss sie diesen berücksichtigen – insbesondere in Bezug auf konkret angesprochene Mängel und Risiken. Allerdings führe eine vereinzelt gebliebene Meinung, die sich in der Fachöffentlichkeit (noch) nicht durchgesetzt hat, nicht ohne Weiteres zur Hinweispflicht. Der BGH nahm auch zu einem anderen Aspekt Stellung: Muss die Bank (oder der Berater) selbst die Kapitalanlage prüfen oder kann er Dritte damit beauftragen? Im Urteilsfall hatte der Genossenschaftsverband die Prüfung vorgenommen. Darauf musste die Bank nicht gesondert hinweisen, zumal eine besondere Sachkunde nicht herausgestellt wurde. Der Berater haftet aber für die Richtigkeit der Prüfung, als wenn er sie selbst durchgeführt hätte. Letztlich entscheidet also das Ergebnis der Prüfung und nicht, wer sie durchgeführt hat. Vorsicht dürfte aber anzuraten sein, wenn die Prüfung aus dem Initiatorenbereich kommt, denn dort ist eine unabhängige Prüfung nicht gewährleistet (BGH XI ZR 89/07). Herbert Friedrich bespricht exklusiv für DAS INVESTMENT aktuelle Urteile. Der erfahrene Analyst hat viele Jahre Produkte für das Rating-Unternehmen G.U.B. geprüft und als Berater zahlreiche Modelle konzipiert. Er vertritt Anleger sowie Berater und ist Vorstandsmitglied im Rechtsforum Finanzdienstleistung e. V. Fragen beantwortet Friedrich unter Telefon 0 40/7 21 24 88.

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