LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in FinanzberatungLesedauer: 6 Minuten

Haftungsfallen für Finanzberater: Gefangen im Netz der Pflichten

Seite 2 / 3



Immer häufiger geht es vor Gericht auch um Versicherungen. Seit 2007 mit der Reform des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) reguliert, wiegen sich Versicherungsvermittler oftmals in falscher Sicherheit – und ihre Kunden sind offensichtlich zunehmend unzufrieden. Laut Statistik des  Versicherungsombudsmanns stieg die Zahl der Kundenbeschwerden gegen die Assekuranz 2008 um 7,1 Prozent auf 18.837 Fälle. Darüber hinaus wurden mehr als 400 Beschwerden direkt gegen Vermittler gezählt. Längst nicht alle diese Rangeleien landen vor Gericht.
„Es gibt vor allem im Anlagebereich eine hohe Zahl von Fällen, die von Gerichten
abgewiesen werden“, sagt Thomas Zacher, Kanzlei Zacher & Partner. Unabhängige Statistiken dazu gibt es nicht. Bei den Fällen im Versicherungsbereich geht es, so Zacher, meist um Vertragswechsel ohne ausreichende Beratung oder um unzureichende oder gänzlich fehlende Absicherung von Risiken, zum Beispiel beim Thema Berufsunfähigkeit (BU).

„In der BU-Beratung gibt es immer wieder Probleme“, bestätigt Norman Wirth, Wirth-Rechtsanwälte. Ein typischer Fall ist etwa, dass eine Versicherung die Leistung ablehnt, da nicht alle Vorerkrankungen angegeben wurden. Der Kunde behauptet, der Berater habe gesagt, dass sei nicht nötig. „Sehr viel häufiger als ein Makler ist dabei aber der Ausschließlichkeitsvertrieb der Versicherer betroffen“, so Wirth. Vor Gericht stehen sich die Versicherung und der Kunde gegenüber.

Makler in der Pflicht Doch gerade Makler müssen auf Haftungsfallen achten, denn sie stehen im Zweifelsfall selbst vor Gericht. Die VVG-Reform zwingt sie einerseits dazu, den Kunden nach Wünschen und Bedürfnissen zu befragen, und andererseits, ihre Empfehlung für ein Produkt aus einer – nicht näher definierten – hinreichenden Anzahl von Produkten auszuwählen. Dieser Rat muss fachlich begründet und dokumentiert werden. Das tun nach Expertenmeinung längst noch nicht alle Makler in ausreichendem Maß. „Während viele Vermittler die Datenerfassung und die Berechnung der Versorgungslücke gut beherrschen, hapert es bei den nächsten Schritten“, sagt Mark Ortmann vom Institut für Transparenz in der Altersvorsorge (ITA).

Vor allem die Begründung für die Vermittlung eines bestimmten Produkts lasse zu wünschen übrig. Auf gängige Vergleichsprogramme sollte sich ein Makler dabei nicht verlassen, sie haben meist lange Haftungsausschlusstexte. Gerade in der üblichen Modellrechnung, die für Versicherungsprodukte branchenweit mit Szenarien von 3, 6 und 9 Prozent jährlicher Rendite kalkuliert, liegt die Crux. „Das hat im Vertrieb zu einem Wettlauf um die höchste illustrierte Ablaufleistung geführt und ist nicht mehr zeitgemäß“, so Ortmann. Oft würden Rückvergütungen in diese Modelle eingerechnet, das Ergebnis sei wenig aussagekräftig. Der Altersvorsorge-Experte bringt daher im November eine neue Software auf den Markt, die stattdessen auf Chance-Risiko-Berechnungen setzt. Ein ähnliches Modell wurde jüngst von MLP in den Vertrieb eingeführt.

Ortmanns Programm simuliert zehntausend Kapitalmarktszenarien und errechnet daraus Versicherungsrenditen. Darüberhinaus erhält der Berater eine Einschätzung des Risikos. Das von der ITA-Software generierte Beratungsprotokoll soll in der Lage sein darzustellen, warum der Berater eine konkrete Produktempfehlung ausgesprochen hat. Dies erfolgt unter anderem mittels einer detaillierten Erfassung der Anlegerwünsche und -bedürfnisse, die in die Produktauswahl eingehen.
Tipps der Redaktion