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Holger Schmitz über Euro-Rettungsschirm: „Wir haben eine Politiker-Krise“

Holger Schmitz
Holger Schmitz
Die Aktienmärkte sind in den vergangenen Monaten so dramatisch eingebrochen, weil immer mehr Menschen das Unvermögen der europäischen Politiker erkannt haben. Das Versagen der Politik bei der Lösung der Staatsverschuldungsproblematik sowie die zunehmende Sorge um eine wieder aufkommende Rezession lassen die Aktienkurse sinken. So notierte der Weltaktienindex MSCI World Ende September rund zehn Prozent tiefer als drei Monate zuvor. Der Vertrauensverlust liegt laut Schmitz vor allem im Umgang der europäischen Politiker mit der aktuellen Schuldenkrise in Europa begründet. „Wir haben in Wirklichkeit keine Verschuldungskrise und auch keine Eurokrise, sondern eine Politiker-Krise. Gerade die aktuelle Ausweitung des Euro-Rettungsschirms hat dies in aller Deutlichkeit gezeigt: Ausschalten der Märkte, Verschleierung der wahren Verhältnisse und eine Gängelung der Europäischen Zentralbank standen hier im Mittelpunkt des politischen Handelns. Die Konsequenzen: Vergemeinschaftung und Geldentwertung.

Rettungsschirm schwächt Europa – und das Vertrauen der Bürger

Zudem entsteht durch die Nichteinhaltung von Kernpunkten des Vertrags von Maastricht eine große Gefahr. So haben die europäischen Politiker die Staatsschulden nicht begrenzt, sondern verdoppelt. Lediglich fünf der insgesamt 17 Euro-Staaten liegen unter der 60-Prozent-Grenze; nur vier Staaten liegen unter der Norm. Zudem wurde das Bail-out-Verbot gebrochen und – last but not least: Die Europäische Zentralbank ist heute nicht länger unabhängig, sondern zur Bad Bank für notleidende Staaten geworden. Damit ist die zu Beginn des Euros insbesondere in Deutschland so hoch und heilig zugesagte Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank als Nachfolgerin der bei der Inflationsbekämpfung erfolgreichen Deutschen Bundesbank inzwischen nicht mehr gegeben.

Das ist gerade auf mittlere und lange Sicht hochgefährlich, weil die Politik immer den für sie leichtesten Weg beschreitet, und der heißt in diesem Fall: Gelddrucken und deutlich höhere Inflationsraten. So ist auch der Euro-Rettungsschirm kaum mehr als Augenwischerei: Dieser Rettungsschirm rettet nicht den Euro, sondern die überschuldeten Euro-Staaten vor dem Zusammenbruch.

Somit kann dieses Maßnahmenpaket keine nachhaltige Lösung der Staatsschuldenkrise darstellen – zu hohe Schulden können nicht einfach mit noch höheren Schulden therapiert werden. Die Lösung des Problems wird nur in die Zukunft verschoben – eine Zukunft, in der es riesige Schuldenberge geben wird, die entweder durch Inflation oder durch einen massiven Schuldenschnitt abgetragen werden könnten. Dies geht dann einher mit einer Belastung der Bürger und Sparer, die dadurch gleichsam enteignet werden würden.

Eine Lösung: Wiederherstellung von Wettbewerbsfähigkeit durch radikalen Schuldenschnitt

Auch die Flucht der Anleger in die verbleibenden harten Währungen in Europa, insbesondere in den Schweizer Franken, kann nur eine temporäre Lösung darstellen. Denn dass die Schweizer Nationalbank über einen längeren Zeitraum oder gar dauerhaft den kränkelnden Euro mit unlimitierten Devisenkäufen vor einem weiteren Kursverfall wird bewahren können, daran glaubt unter Marktkennern niemand ernsthaft. Im Oktober 1978 gab es einen vergleichbaren Versuch: Damals sprang durch die hemmungslosen Aufkäufe der damals schwächelnden Deutschen Mark durch die Schweizer Nationalbank am Devisenmarkt und die als unmittelbare Folge stark ansteigende Schweizer Geldmenge die bis dahin bei unter einem Prozent liegende Inflationsrate in der Schweiz innerhalb von drei Jahren auf sieben Prozent. Der einzige wirklich gangbare Weg zur Lösung des Überschuldungsproblems kann daher nur eine umfassende Entschuldung und eine damit einhergehende Wiederherstellung von Wettbewerbsfähigkeit sein. Dieser notwendige Schuldenabbau wird nur durch einen sofortigen Schuldenschnitt erreichbar sein.

Sorge um Rezession ist unangemessen

Die zweite Ursache für die starken Kurseinbrüche an den internationalen Aktienmärkten in den letzten Wochen, die Sorge um einen Rückfall der Wirtschaft in eine weitere Rezession, ist jedoch unangemessen. Obwohl steigende Unternehmensgewinne langfristig natürlich die entscheidende Triebfeder für anziehende Aktienkurse sind, gibt es in der Geschichte genügend Beispiele, in denen die Aktienbörsen auch bei temporär fallenden Firmengewinnen kräftig gestiegen sind. Die Aktienhausse in Deutschland im Jahr 1942 belegt eindrucksvoll, dass Aktien, trotz kriegsbedingter Probleme, weitaus beliebter war als die damals inflationsgeschwächten Staatsanleihen. Auch im Falle einer weltweiten Depression und damit einhergehenden Staatspleiten wären Aktien, vor allem von Großkonzernen, eine gute Alternative“, sagt Schmitz. Denn ihre relative Sicherheit ist deutlich größer als die von Geldvermögen und vergleichbaren Anlagen. Dazu kommt: Durch die aktuellen Kursrückgänge sind Aktien gerade sehr günstig zu haben.

Für Anleger führt in den nächsten Jahren daher nach wie vor an soliden Sachwerten wie zum Beispiel Unternehmensbeteiligungen in Form von Aktien – am besten in Schweizer Franken – kein Weg vorbei. Eine sinnvolle Ergänzung sind Investments in physische Edelmetallen wie Gold und Silber. Investitionen in Geldwerte, also beispielsweise Staatsanleihen, Festgeld sowie private oder gesetzliche Rentenversicherungen sind dagegen auf mittlere und erst recht auf lange Sicht für die Anleger vermögensvernichtend. Zur Person: Holger Schmitz begann seine berufliche Laufbahn 1988 als Portfolio- und Fondsmanager bei der Fiduka Depotverwaltung in München, wo er mit der Börsenlegende André Kostolany zusammen arbeitete. 1993 machte er sich als Vermögensverwalter selbständig. 1997 gründete er Schmitz & Partner AG - Privates Depotmanagement in der Schweiz (Tessin), die mittlerweile individuelle Depots von über 40 Kunden und Publikumsfonds mit einem gesamten Volumen von rund 100 Millionen Schweizer Franken verantwortet. 2005 folgte Schmitz & Cie. GmbH – Individuelle Fondsberatung.

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