Honorarberater Gerd Kommer Wie viel Risiko bergen Direktinvestments in Immobilien?
Die Lösung
Wir suchen im Kapitalmarkt nach einem "Proxy", also einem Ersatz, der einem nicht börsennotierten Immobiliendirektinvestment so nahe wie möglich kommt, der aber börsentäglich echte Marktbewertungen der zugrundeliegenden Immobilien beinhaltet und sich eben nicht auf Gutachterbewertungen und andere Wertermittlungskrücken stützt. Ziel ist es, aus dem Proxy das typische, allgemeine Risiko von Direktinvestments in Wohnimmobilien abzuleiten – genauso, wie man aus der Analyse historischer Kapitalmarktrenditen das allgemeine Anlagerisiko (Marktrisiko) von Investments in Aktien, Unternehmensanleihen, Staatsanleihen, Gold und Rohstoffen ableitet. Die folgende Tabelle macht deutlich, was damit gemeint ist.
Risikokennzahlen unterschiedlicher börsennotierter Investments und Indizes in US-Wohnimmobilien – Zeitraum 1995 bis 2017 (23 Jahre)
1.200% Rendite in 20 Jahren?
Was lässt sich aus der Tabelle ablesen? Eine ganze Menge.
- Im Betrachtungszeitraum von 23 Jahren war ein Investment in US-Wohnimmobilien genauso risikoreich wie oder sogar risikoreicher als ein diversifiziertes Investment in den allgemeinen US-Aktienmarkt (MSCI USA SMID) – siehe die beiden unteren Zeilen der Tabelle. Das ist jedenfalls die Meinung des Marktes, also von Millionen von Menschen und Tausenden von Unternehmen, die ihr eigenes Geld investieren.
- Betrachtet man ein Immobilieninvestment, das nicht auf Marktbewertungen, sondern auf individuellen subjektiven Gutachterbewertungen basiert – wie das beim NCREIF Property Index (ganz rechte Spalte) der Fall ist – sinkt das gemessene Risiko auf wundersame Weise bei beiden Risikomesszahlen auf weniger als die Hälfte. Diese Art von Ponyhof-Risikomessung wird ein rationaler Anleger nicht mit objektivem Risiko verwechseln.
- Beim NCREIF Property Index sind vier Aspekte für das unrealistisch niedrig ausgewiesene Risiko verantwortlich: (a) Strukturell unzuverlässige, interessenkonfliktbehaftete Gutachterbewertungen statt rationaler Börsenbewertung der zugrundeliegenden Objekte; (b) weitere Smoothing-Effekte in den zugrundeliegenden Daten (z. B. die Verwendung von Jahresdurchschnitten statt Jahresendwerten bei den zugrundeliegenden Immobilienbewertungen); (c) die fehlende (praxisfremde) Berücksichtigung partieller Kreditfinanzierung der Objekte; und (d) die fehlende (ebenfalls praxisfremde) Berücksichtigung der Kauf-/Verkaufskosten für die Immobilienobjekte (hier "operative Transaktionskosten" genannt).
- Ein Direktinvestment in eine oder einige wenige Einzelimmobilien durch einen Privatanleger müsste statistisch gesehen noch risikoreicher sein als die Aktie von AvalonBay Communities oder der FTSE-NAREIT-Residential-REITs-Index, weil die letzteren beiden viel besser diversifiziert sind als ein Investment in ein einzelnes Objekt. Bei AvalonBay und dem NAREIT-Index existiert kein idiosynkratrisches Risiko (siehe oben) wie das bei Einzelinvestments der Fall ist. Eine Analogie: Die durchschnittliche Einzelaktie ist im Großen und Ganzen doppelt so risikoreich wie ein global diversifiziertes Aktieninvestment (gemessen z. B. an Volatilität und maximalem kumulativem Verlust).