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Honorarberater Gerd Kommer Wie viel Risiko bergen Direktinvestments in Immobilien?

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Dass der hier beschriebene Sachverhalt – Direktinvestments in einzelne Immobilien sind nicht deswegen risikoarm, weil die Schwankungen des Wertes des Eigenkapitals in ihnen nicht jeden Tag in der Zeitung oder im Internet beobachtbar sind – nicht bloß graue Theorie ist, wusste der große Ökonomen John Maynard Keynes (1883-1946) schon vor 90 Jahren. Keynes gilt als der einflussreichste Wirtschaftswissenschaftler des 20. Jahrhunderts. Er war selbst ein erfolgreicher Privatanleger und managte viele Jahre lang den Stiftungsfonds der britischen Cambridge University (Walsh 2008). Keynes mokierte sich damals über die "Risikonaivität" der "Immobilienfans" unter seinen Kollegen im Finanzausschuss des Stiftungsfonds. Er schrieb:

"Einige Finanzausschussmitglieder würden, ohne mit der Wimper zu zucken, nicht börsennotierte und nicht unmittelbar vermarktbare Immobilien kaufen, die – besäßen die Mitglieder an jedem Audit-Tag des Fonds eine Preisquotierung für sofortigen Barverkauf – ihnen die Haare zu Berge stehen ließen. Die Tatsache, dass man die laufende Schwankung solcher Sofortverkaufsquotierungen nicht kennt, macht diese Investments nicht sicher – wie üblicherweise angenommen wird."

Keynes – zweifellos ein "Super-Fachmann" – war die verbreitete Verwechslung von "kein Risiko sehen" mit "kein Risiko haben" also schon vor Jahrzehnten klar. Fast identisch äußerte sich Warren Buffett Anfang 2009 in Bezug auf die vorgebliche Wertstabilität von Immobilien und Farmland relativ zu Aktien. Der Kurs seiner eigenen Aktie (Berkshire Hathaway) war gerade um 40 Przent abgesackt (heute steht der Berkshire-Hathaway-Kurs mehr als doppelt so hoch als vor dem Crash von 2008/2009 und viermal so hoch wie am Crash-Tiefpunkt).

Gilt auch für den deutschen Markt

Sind die in der Tabelle gezeigten Daten und die aus ihnen abgeleiteten Einsichten auch auf Deutschland übertragbar? Ja, das sind sie. Wir haben nur deswegen US-Daten verwendet, weil diese weiter zurückreichen als die deutschen. Wenn wir z. B. die Aktienkursschwankungen des Wohnungsunternehmens Deutsche Wohnen SE [4] verwenden, dann ist das Risiko genauso groß wie das von AvalonBay oder das des FTSE NAREIT USA Residential Index.

Die Große Finanzkrise hatte ihren Beginn 2007 im amerikanischen Wohnimmobiliensektor. Von dort schwappte die Krise auf die Immobilienmärkte der Länder Großbritannien, Irland, Spanien, Portugal, Italien, Griechenland und die meisten osteuropäischen Länder über (nicht aber auf die deutschsprachigen Länder), bevor sie sich auf Banken und Staatsfinanzen ausweitete. Damals brach der Wert des Eigenkapitals von hunderten Millionen Eigenheim-Haushalten weltweit innerhalb von zwei oder drei Jahren um mehr als 50 Prozent ein. Zeitweilig hatten ein Viertel aller US-Haushalte mit Immobilienkredit 100 Prozent ihres Eigenkapitals in der Immobilie verloren. In Frankreich, Holland, Irland, Spanien, Italien, Portugal, Japan und mehreren osteuropäischen Ländern liegen die inflationsbereinigten Wohnimmobilienpreise noch heute so niedrig wie oder niedriger als 2007.

Direktanlagen in Wohnimmobilien – ob selbstgenutzt oder vermietet – können eine sinnvolle Route zu Vermögensbildung und Altersvorsorge für Privathaushalte sein und sind es für viele Millionen Haushalte in Deutschland und in anderen Staaten. Das Finanzrisiko dieser Investments ist aber nicht niedrig und schon gar nicht deswegen niedrig, weil man es nicht täglich im Internet oder in der Zeitung sehen kann. Das Eigenkapitalrisiko in einer kreditfinanzierten Einzelimmobilie bewegt sich auf etwa dem gleichen Niveau wie dasjenige eines global diversifizierten Aktieninvestments und weit oberhalb des Risikos zinstragender Anlagen hoher Qualität.

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