LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
Lesedauer: 4 Minuten

Hüfners Wochenkommentar Aktienmärkte: „Aus Sicht des Volkswirtes herrscht hier reines Chaos“

Seite 2 / 2



Die Industrieländer

In den Industrieländern ist der Unterschied zwischen den Fundamentalfaktoren und dem tatsächlichen Geschehen an den Märkten nicht ganz so krass. Aber richtig in Ordnung ist es auch nicht. Schauen Sie sich die Verhältnisse diesseits und jenseits des Atlantiks an. Eigentlich müssten sich die Börsen in Europa wegen der lockeren Geldpolitik besser entwickeln als in den USA. Die EZB hat zuletzt beschlossen, die Liquidität noch einmal kräftig aufzustocken. Umgekehrt ist die Federal Reserve dabei, die Zinsen zu erhöhen. Trotzdem hat sich der EURO STOXX 50 mit minus 6 Prozent wesentlich schlechter entwickelt als der Dow Jones (plus 1 Prozent).

Allein in Japan passen die volkswirtschaftlichen Verhältnisse zu der Entwicklung der Märkte. Das Wachstum kommt nicht in Fahrt. Die Preise bleiben trotz ultralockerer Geldpolitik im Tief. Die Aufwertung des Yen knabbert an den Gewinnen der Unternehmen. Folgerichtig ist der Nikkei-Index um 10 Prozent zurückgegangen.

Märkten fehlt Orientierung

Nun sind Unterschiede zwischen den volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der tatsächlichen Entwicklung der Märkte nichts Neues. Man kann Fundamentaldaten nicht 1:1 in Marktentwicklungen übersetzen. Das gilt vor allem dann, wenn man so kurze Zeiträume vergleicht wie die letzten drei Monate. Solche Diskrepanzen können viele Gründe haben. Da spielt die unterschiedliche Liquidität der Märkte eine Rolle ebenso wie verschiedene Wirtschaftsstrukturen. Schwellen- und Entwicklungsländer sind in der Regel stärker von den Rohstoffpreisen abhängig. Es kann auch daran liegen, dass sich die Märkte in unterschiedlichen Phasen befinden. Der russische RTS beispielsweise hat in den letzten fünf Jahren 50 Prozent verloren, der amerikanische Dow Jones dagegen 40 Prozent gewonnen. Das sind natürlich ganz andere Investitionsbedingungen.

Wenn die Unterschiede zwischen Fundamentaldaten und Marktentwicklungen aber so groß werden, wie sie sich derzeit darstellen, muss man aufpassen. Es ist ein Zeichen dafür, dass es den Märkten an Orientierung fehlt. Investoren wissen nicht, wohin die Reise geht. Sie verlegen sich daher auf kurzfristige Strategien. Dabei kommen Titel der Schwellen- und Entwicklungsländer wegen des insgesamt niedrigeren Kursniveaus derzeit zwangsläufig besser weg. Phasen der Unsicherheit sind daher immer auch Zeiten, wo es größere Bewegungen auf einzelnen Märkten geben kann.

Für den Anleger

Die Diskrepanz zwischen Fundamentalfaktoren und Marktentwicklung ist ein Warnzeichen. Wenn den Märkten der Kompass fehlt, schichten die Anleger häufiger um und es kann zu größeren Schwankungen kommen. Wenn Sie in diesen Zeiten investieren, sollten Sie nicht nur auf die volkswirtschaftlichen Daten achten. Legen Sie daher nicht nur in Industriestaaten an. Schauen Sie daneben auch auf die Schwellen- und Entwicklungsländer. Dort kann es für kurzfristig orientierte Investoren zu interessanten Konstellationen kommen. Schließlich erneut mein allgemeines Credo: Streuen Sie Ihre Anlagen regional, um Risiken zu vermeiden.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen
Tipps der Redaktion