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Hüfners Wochenkommentar Der Ölpreis und das Echoprinzip

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Die zweite Schlussfolgerung betrifft die Ölpreise. Durch die bisherigen Preissenkungen sind auf den Märkten erhebliche Ungleichgewichte entstanden. Sie müssen früher oder später korrigiert werden. Bei dem gegenwärtigen Niveau sind die Preise für viele Produzenten niedriger als die Kosten. Sie machen Verluste. Das gilt insbesondere für das Fracking in den USA. Die dortigen Unternehmen können die Verluste eine gewisse Zeit auffangen. Irgendwann aber kommt die Stunde der Wahrheit. Sie müssen die Produktion verringern, ganz einstellen oder gar Insolvenz anmelden. Einige sollen da bereits jetzt Schwierigkeiten haben.

Bei staatlichen Ölproduzenten wie Russland oder Venezuela ist das nicht so einfach. Bei ihnen wirken sich die niedrigen Ölpreise in steigenden Haushaltsdefiziten aus. Es könnte zu einem Staatsbankrott kommen. Hier ist aber nicht sicher, dass dies dann zu einer niedrigeren Ölförderung führt. Denn die Menschen in diesen Staaten müssen weiter leben und brauchen die Einnahmen aus dem Ölgeschäft.

Trotzdem: Mit jeder Preissenkung wird es wahrscheinlicher, dass das Ölangebot zurückgeht. Gleichzeitig wird die Nachfrage zunehmen, weil sich ölsparende Maßnahmen nicht mehr rentieren. Die Menschen fahren wieder mehr Auto. Die Folge ist, dass der Preis steigt. Das ist keine Vermutung, sondern ganz einfach Preistheorie. Es gibt jetzt schon eine Reihe von Ölhändlern, die darauf spekulieren. Sie mieten Tanker zum Lagern von Öl auf dem Meer in der Hoffnung, das Öl später zu einem höheren Preis verkaufen zu können.

Freilich ist Geduld angesagt. Wie auch in der Natur kommt das Echo nicht sofort, sondern erst mit zeitlicher Verzögerung. Es gibt dafür historische Erfahrungen. Beim letzten Ölpreisrückgang 2008 sanken die Ölpreise noch etwas stärker als heute und zwar bis auf 33 Dollar je Barrel im Tiefpunkt. Es dauerte dann drei Monate bis sich der Ölpreis wieder auf 50 Dollar erhöhte und zwölf Monate, bis er wieder auf 75 Dollar stieg. Die allgemeine Inflation ging auch nicht so schnell sofort wieder nach oben. Fünf Monate nach dem Tiefpunkt des Ölpreises war sie noch immer im Minusbereich. Dann bewegte sie sich rund sechs Monate um die Nulllinie. Erst dann erhöhte sie sich. Wenn sich das so wiederholt, dann dürften die stabilisierenden Effekte bei der Inflationsrate im Sommer beginnen und erst zum Jahresende voll wirksam werden.

Diese Zusammenhänge sollte man im Kopf haben, wenn jetzt über neue Staatsanleiheprograme zur Bekämpfung der Deflation diskutiert wird. Die niedrige Geldentwertung wird auch ohne große geldpolitische Maßnahmen wieder steigen. Sicher ist es zu spät, um die EZB noch von ihren Plänen abzubringen. Dazu hat die EZB die Märkte zu stark auf ihre Intentionen eingeschworen. Aber die EZB sollte jetzt nicht noch weitere Erwartungen wecken, sondern vorsichtiger und bescheidener werden.

Für den Anleger

Ich rechne damit, dass sich die Inflation noch bis weit in das Jahr hinein um die Nulllinie bewegt. Das wird die Phantasie auf eine expansive Geldpolitik zunächst hoch halten. Das ist gut für die Aktien- und Rentenmärkte. Im zweiten Halbjahr aber wird sich die Situation verändern. Dann wird die Inflation wieder anfangen zu steigen. Die expansiven monetären Effekte lassen nach. Dann wird das Umfeld für die Märkte ungemütlicher.

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