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Hüfners Wochenkommentar Die Angst der Notenbanken vor höheren Zinsen

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Ultralockeren Geldpolitik erhöht Risiken der Weltwirtschaft

Die Notenbanken müssen zudem Rechnung tragen, dass sie durch ein Festhalten an der ultralockeren Geldpolitik die Risiken der Weltwirtschaft nicht verringern sondern eher noch vergrößern.

Das Sparen der privaten Haushalte wird entmutigt. Dadurch stehen nicht genügend langfristige Mittel für Investitionen zur Verfügung. Die Stabilität von Banken und Versicherungen leidet. Es gibt Blasen an den Kapital- und Immobilienmärkten.

Hinzu kommt, dass die Zentralbanken bei Leitzinsen von nahe Null zahnlose Tiger sind. Sie haben keine Instrumente, um bei einem erneuten Absturz der Wirtschaft wirkungsvoll gegensteuern zu können.

Es ist daher notwendig, dass sie die gute Konjunktur nutzen, um wieder "Munition" für eine aktive Geldpolitik anzusammeln. Dies muss bald geschehen, denn die Geldpolitik ist so weit vom Gleichgewicht entfernt, dass es eine geraume Zeit dauert, bis sie wieder auf einen Normalzustand kommt.

Von Zinsniveaus, die die wirtschaftliche Aktivität bremsen könnten, ist sie noch Meilen entfernt. Wenn die EZB jetzt über höhere Sätze reden würde, wäre das keine Restriktion, sondern eine Normalisierung.

Was die Preisentwicklung angeht, so ist diese nichts, was die Notenbank bekämpfen könnte und sollte. Die niedrige Geldentwertung beruht nicht auf einer schwachen Wirtschaftsentwicklung. Ihre Gründe sind zumindest in Europa vielmehr die Konsolidierungs- und Reformmaßnahmen in den großen Schuldnerländern. Diese sollen aber bewusst nicht gebremst oder gemildert werden, um den Gesundungsprozess der Volkswirtschaften nicht zu gefährden.

Ein anderer Grund für die niedrige Preissteigerung sind die sinkenden Energiepreise. Auch das hat nichts mit Geldpolitik zu tun. Bei den Preisen gilt wie bei der Konjunktur, dass das Herauszögern einer Zinserhöhung die Situation nicht verbessert, sondern eher verschlechtert.

Wenn die Konjunktur in den Industrieländern so weiter läuft, wird es früher oder später zu Kapazitätsengpässen in einigen Ländern kommen, die dann die Zeit niedriger Geldentwertung beendet. Wo freilich ein Risiko liegt: Wenn die Europäische Zentralbank erste Anzeichen erkennen lässt, dass die Zinsen nach oben gehen könnten, käme es zu einer weiteren Aufwertung des Eurokurses, der dann die Preisentwicklung noch stärker dämpft. Das ist negativ.

Aus meiner Sicht ist es an der Zeit, dass die Notenbanken die Diskussion über höhere Zinsen anstoßen. Ich weiß, dass das nicht dem Konsens der Ökonomen entspricht. Aber so etwas muss man auch einmal sagen.

Ich plädiere nicht für eine sofortige Erhöhung der Leitzinsen. Das würde Unternehmen und Finanzakteure verschrecken. Nötig ist aber, die Märkte vorsichtig darauf vorzubereiten, dass sie nicht ewig mit so niedrigen Sätzen rechnen können.

Für den Anleger

Glauben Sie den Notenbanken nicht, wenn sie Ihnen jetzt versprechen, dass die Zinsen auf absehbare Zeit niedrig bleiben werden. Diese Politik werden sie nicht durchhalten können. Sie passt nicht zu dem fundamentalen Umfeld einer beginnenden konjunkturellen Erholung. Nur wenn die wirtschaftliche Erholung aus einem jetzt nicht absehbaren Grund abbrechen sollte, wird es keine Zinserhöhung geben.

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