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Hüfners Wochenkommentar „Die politische Struktur der EU hat diese Schwachstelle“

Regionale Krisen wie der Katalonien-Konflikt können die EU in Zukunft stark belasten, glaubt Assenagon-Chefvolkswirt Martin Hüfner.
Regionale Krisen wie der Katalonien-Konflikt können die EU in Zukunft stark belasten, glaubt Assenagon-Chefvolkswirt Martin Hüfner. | Foto: Assenagon

Eigentlich könnte man den Katalonien-Konflikt als eine spanische Provinzposse abtun. Da lehnt sich eine Region gegen die Zentralregierung auf. Die Administration in Madrid lässt Polizei aufmarschieren, nimmt die Separatistenführer fest und bedroht sie mit langen Haftstrafen. Der frühere Präsident Carles Puigdemont flieht ins Ausland und wird dort vom Geheimdienst verfolgt. Jeder hat das gelesen. Die Finanzmärkte haben aber darauf kaum reagiert (siehe Grafik). Es gab offenbar Wichtigeres.

Finanzmärkte blieben gelassen

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Aber ist es wirklich richtig, das so beiseite zu schieben? Immerhin ist es das zweite Mal innerhalb kurzer Zeit, dass so etwas in der EU passiert. Zuerst waren es die Schotten. Da ging es noch friedlicher zu. Jetzt sind es die Katalanen. In der EU gibt es aber noch viele Staaten mit mehr oder weniger selbstbewussten Regionen. In Spanien sind es neben den Katalanen die Basken, in Belgien die Flamen und die Wallonen, in Großbritannien neben Schottland auch Wales, in Frankreich die Bretagne, in Italien Südtirol etc. Auch in Deutschland gibt es Regionen mit kulturellen Eigenheiten und ausgeprägtem Selbstwertgefühl.

Sie alle gehören zur EU. Wenn Regionen so unzufrieden sind, dann deutet das darauf hin, dass hier etwas nicht stimmt. Die Rolle der Regionen in der Gemeinschaft ist nicht befriedigend gelöst. Worum geht es? In der EU gibt es vier Ebenen des Regierungs- und Verwaltungshandelns. Die oberste sind die Brüsseler Institutionen. Dann kommen die Nationalstaaten. Dann die Regionen und dann die Kommunen. Die Regionen stehen tatsächlich oft etwas im Schatten. Zur Sicherung ihrer Interessen wurde daher eigens ein "Ausschuss der Regionen" gebildet. Er soll sie aufwerten, hat in der Praxis jedoch wenig Einfluss.

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Meines Wissens gibt es in der Welt wenige Staaten oder Staatengebilde mit einer so komplexen, breit angelegten politischen Struktur. Die meisten kommen mit drei Ebenen aus: Der Zentralregierung, den Ländern und den Kommunen. Selbst die Vereinigten Staaten haben nur drei Ebenen. Zu viele Ebenen sind teuer. Es ist häufig auch weniger effizient und schafft eine Menge Bürokratie. Es ist wenig transparent und schürt damit die Unzufriedenheit der Bürger, Staatsverdrossenheit und eben auch Ärger mit den Regionen.

Ohne Regionen geht es nicht

Auf welche Ebene könnte man im Zweifel verzichten? Auf die oberste Ebene, also Brüssel, sicher nicht. Wegen ihr wurde die Gemeinschaft gegründet. Sie ist zuständig für all die Bereiche, die nur gemeinsam betrieben werden können. Dazu gehören etwa die Außenbeziehungen, die Sicherheit oder der Außenhandel im Binnenmarkt. Für die gemeinsame Währung braucht man eine Zentralbank, für den Rechtsstaat den Europäischen Gerichtshof.

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